Damit der Verfassungsschutz zum Zusammenstellen auch nicht lange suchen mussbieten wir hier einen natürlich subjektiven Jahresrückblick von dem, was an Klimakämpfen in Kiel und Schleswig-Holstein passiert ist und was uns im Jahr 2019 bewegt hat. Radikal, entschlossen und mit viel Spaß gegen Klimakrise und Kapitalismus.
Verkehr
Das, was uns stadtbekannt gemacht, hat war wohl die Demo im April auf dem Theodor-Heuss-Ring. Gemeinsam mit einem Bündnis aus verschiedensten Organisationen haben wir freitags mittags den Problemring mit Beschlag belegt – schon die Ankündigung der Demo sorgte bundesweit für Aufmerksamkeit. Die Straßenparty-Blockade im Anschluss brachte viel Spaß auch bei den Anwohner*innen und im Nachhinein noch einige Bußgelder, um die wir uns jetzt mit Soli-Aktionen kümmern müssen. Nichts desto trotz ein Erfolg in Sachen Themensetzung, wenn auch weniger in der Sache selbst: Die neuen Umweltschutzmaßnahmen bestehen aus Baustelle und Luftfilteranlage– das ist mehr Satire als ernst gemeint. Mit dieser Reformpolitik sind wir nicht zu erreichen, wie uns auch der Bürgermeister bescheinigte – wir kämpfen für eine autofreie Stadt! Auch im November waren wir am Global Day of Climate Action mit mobilen Straßenblockaden dazu wieder unterwegs, angekündigt und mit viel Polizeibegleitung, aber auch unberechenbar und mit Verkehrschaos und nachdenklichen Autofahrer*innen. Toll fanden wir dieses Jahr auch die Blockade eines Autozuges von VW in Wolfsburg und die Aktionen gegen die internationale Auto-Ausstellung in Frankfurt. Insgesamt bleibt zur Vekehrswende noch viel zu tun (auch Scheinlösungen wie Individual-Elektromobilität als solche zu entlarven), gern auch weiterhin mit ADFC, BUND, vcd und den ganzen anderen Gruppen zusammen.
Kreuzfahrt
In Kiel gab es bisher wenig sichtbare Kritik an Kreuzfahrtschiffen; erst in den letzten Jahren gab es vereinzelt Widerstände. 2019 schaffte die die Blockade „Smash Cruiseshit“ internationale Aufmerksamkeit. Durch die Aktion wurde das Kreuzfahrtschiff „Zuiderdam“ an Pfingsten über Stunden an der Abfahrt blockierte. Im Wasser, mit über 50 Menschen, kleinen Paddelbooten und zur großen Überraschung der Behörden. Dabei hatte es schon im Frühjahr einige Kundgebungen gegen die Kreuzfahrtschiffe gegeben, immer mit viel Behinderung durch den Seehafen. Nach der Aktion gab es dann im Juli das erste mal eine Demonstration mit 300 Menschen gegen die Klimakiller Kreuzfahrtriesen, die zudem Mensch und Natur ausbeuten. Auch das wird uns im nächsten Jahr wohl noch beschäftigen. Nicht nur weil die Staatsanwaltschaft aktuell versucht, die damals beschlagnahmten Boote zu versteigern, sondern auch, weil die Stadt Kiel immer noch kein Problem an den Stinkeschiffen sehen will.
Energie
Anfang des Jahres wurde groß der sogenannte „Kohlekompromiss“, die Erlaubnis bis 2038 weiter Kohle zu verbrennen, verkündet. Als untauglich von vielen gesehen, gab es in verschiedenen Städten direkt zu Jahresbeginn aus diesem Grund Aktionen, Besetzungen und Blockaden. Im Sommer mobilisierten wir zu Ende Gelände und beteiligten uns an den verschiedenen Klimacamps in den Braunkohleabbauregionen. Auf dass Kohle bald Geschichte ist! Zum Jahresbeginn in Hamburg wurde die Brücke am Kohlekraftwerk Moorburg und der Kohlehafen mit seinen Verladekränen blockiert. Im Herbst gab es dann in Flensburg die Aktion „Kohle kapern“ mit einer Besetzung der Kohlehalde auf dem dortigen Kraftwerksgelände. Auch unter dem Motto „Kohle und Gas verheizen unser Klima“, denn auch beim Umstieg auf Gas werden weiterhin fossile Energien verbrannt, was weder lang noch mittelfristig irgendwelche Probleme löst, sondern neue schafft (Stichwort: Fracking). Aus diesem Grund positionierten wir uns auch gegen das geplante LNG-Terminal in Brunsbüttel, indem wir in Kiel in der Fußgängerzone durch Fracking erdbebengefährdete Gebiete absperrten.
Landwirtschaft und Tierbefreiung
In der zweiten Jahreshälfte haben wir uns darüber hinaus aus Anlass des „Free The Soil„-Camps im September in Brunsbüttel mit dem Thema Klimagerechtigkeit und Landwirtschaft beschäftigt. Zu für Schleswig-Holstein mutig später Jahreszeit fand das Camp mit von den Cops tolerierter (Massen-)Blockade von YARA, Europas größtem Hersteller für chemische Düngemittel, statt. Die industrielle Landwirtschaft trägt nämlich mehr zum Klimawandel bei, als viele vermuten würden.
Schlag auf Schlag ging es gleich weiter im Oktober, in welchem wir uns sehr über die Schlachthofblockade „Tear Down Tönnies“ freuten, die während der Aktion durch Anketten an den Rampen sowie durch Besetzung des Schlachthofdaches das Töten von 6000 Schweinen verhinderte. Die Aktion stellte Tierbefreiung, Klimawandel und die Ausbeutung der auf dem Schlachthof Arbeitenden in den Fokus. Ein sympathisierender Pressesprecher der Polizei in Itzehoe bekam für seine Aussage, dass die Tiere in den Aktivistis einen Anwalt gefunden hätten, von Vorgesetzen auf den Deckel. Das zeigt, wie wichtig es istFreiheit zu erringen von Befehlen oder dem Einknasten – für alle Lebewesen!
Bildung
Natürlich sind wir nicht nur Adrenalin-Junkies, sondern bilden uns und andere auch immer wieder fort. Mit Veranstaltungen zum Hambacher Forst und dem Zusammenhang von Kapitalismus und Klimazerstörung, verschiedenen Aktionstrainings, Vorträgen zu Klimagerechtigkeit und Landwirtschaft und einer Lesung zum Wahnsinn der Kreuzfahrtschiffe sowie aus einem neuen Jugendbuch „Ökoterrorristin“ stand so einiges auf dem Programm. Theoretisch haben wir uns mit dem Begriff „Klimanotstand“ auseinander gesetzt. Die wöchentlichen Plena haben wir durchgehalten, hatten immer viel zu diskutieren; haben es dabei aber auch geschafft, viele neue Menschen willkommen zu heißen.
Solidarität
Wir lassen niemanden mit Repression allein, also mit dem Verfolgungswillen von Staat, Konzernen oder anderen Feinden der Freiheit. Deshalb haben wir Anfang des Jahres eine Soliaktion mit Flyer verteilen für die Lausitz23 gemacht, die nach einer Baggerbesetzung im Braunkohletagebau in Untersuchungshaft landeten. Nach der Blockade vom Theodor-Heuss-Ring initiierten wir Betroffenen-Vernetzungs-Treffen, denn gemeinsam lässt es sich doch viel besser mit dem ganzen Blödsinn umgehen. Da stehen im jetzt kommenden Jahr auch einige Verfahren an, weil irgendwie mag der Staat wohl nicht, was wir so tun. Vor Gericht gezerrt werden natürlich wir und nicht die Klimazerstörerinnen und Luftverpester. Aber gemeinsam sind wir stark.
Und natürlich sind wir auch Demo-Tourist*innen und haben uns solidarisch an Demos gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung, gegen zu hohe Mieten, gegen Nazis, zum Frauenkampftag, gegen das Militär, gegen die Innenministerkonferenz oder gegen den deutschen Nationalismus am Tag der deutschen Einheit beteiligt. Wir tun das, weil wir Kämpfe zusammen führen und auch mal über den klimapolitischen Tellerrand blicken möchten.Wir wollen ein gutes Leben für alle und das geht eben nicht mit Nazis oder anderen Unterdrücker*innen und nicht im Kapitalismus.
Auf ein kämpferisches Jahr 2020!