Jahresrückblick 2024

2024 ist der fortschreitende Rechtsruck überall zu sehen gewesen und die Erderhitzung hat das erste Jahr die 1,5 Grad-Marke überschritten. Nicht viel Gründe für Hoffnung, aber genug um zu kämpfen. Lest selbst auf welchen Wegen wir das 2024 versucht haben. 
Antifaschismus
Aus antifaschistischer Sicht war das Jahr 2024 ein ereignisreiches. Nach bekannt werden der Deportationspläne der AfD im Januar demonstrierten bundesweit Millionen Menschen gegen die AfD. Auch in Schleswig-Holstein und Kiel gingen viele tausend Menschen auf die Straße. Sehr gefreut haben wir uns über die große antifaschistische Demonstration am 19.1. mit 6.000 Teilnehmenden. Dass die große Anzahl, die Anfang des Jahres mobilisiert werden konnte, nicht gehalten werden konnte, ist schade aber erwartbar. Gefreut haben wir uns aber darüber, dass die großen Mobilisierungen dafür genutzt wurden, um Menschen zu organisieren. Mit dem offenen antifaschistischen Treffen gibt es jetzt eine offene Struktur in Kiel, in der sich Menschen austauschen können und gemeinsam organisieren können.
In Thüringen konnte die AfD zu den Landtagswahlen deutlich die meisten Stimmen erreichen und wurde in Sachsen und Brandenburg zweitstärkste Kraft. Wir nahmen die Wahlen zum Anlass, um gemeinsam mit anderen Antifaschistischen Gruppen am Wahlabend zu demonstrieren. Dabei waren in Kiel jeweils mehreren hundert Menschen auf der Straße.

Demonstration zu den Landatswahl in Brandenbur

Mit der Europawahl stand auch dieses Jahr wieder ein Wahlkampf an. Zusammen mit anderen Gruppen und Einzelpersonen beteiligten wir uns an spontanen Gegenaktionen zu Wahlkampfständen der faschistischen AfD. Dabei ging die Polizei rabiat gegen den Protest vor. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Polizei in Schleswig-Holstein deutlich aggressiver mit Gegenprotest umgeht. Eine Tatsache, mit der es umzugehen gilt und Gegenstrategien in nächster Zeit entwickelt werden müssen.

Protest an der Landesgeschäftsstelle im Walkerdamm

Auch außerhalb des Wahlkampfes gab es immer wieder Veranstaltungen der AfD, die durch antifaschistischen Protest begleitet wurden. So nut

Protest gegen die AfD in Nordhastedt

zte die AfD mehrfach ihre Landesgeschäftsstelle im Kieler Walkerdamm, sowie die von einem AfDler geführten Gaststätte „Zum Alten Bahnhof“ in Nordhastedt in Dithmarschen für ihre rechte Propaganda. So ursprünglich auch geplant beim kläglichen „Ball der Patrioten“, der in Nordhastedt stattfinden sollte und kurzfristig an einen nicht genannten Ort verlegt worden ist. Nach einer erfolgreichen Mobilisierung wurde der Ort dann doch noch bekannt und es wurde  sich spontan nach Schleswig zum „Point of Music“ aufgemacht. Dort angekommen fand sich ein trauriger Haufen AfDl

Protest gegen den Ball der Patrioten in Schleswig

er*innen und eine komplett überforderte Polizei. Für die Faschos ein absoluter Reinfall. 

Die Strategie der AfD den Ort ihrer Veranstaltungen nicht mehr öffentlich anzukündigen, um Protest zu vehindern, ist dabei nicht aufgegangen. Egal ob beim „Tag des Vorfelds“ in Einfeld, oder bei mehreren Veranstaltungen im Schrauberschuppen „Exit Cars“ in Schwentinental: Die AfD musste mit lautstarkem Protest rechnen.

Protest gegen die AfD Veranstaltung in Schwentinental

Mit den „freien Schleswig-Holsteinern“ gab es eine weitere rechte Gruppierung, deren Demos immer wieder von Gegenprotesten begleitet wurden. Eine konnte am 29.6. erfolgreich blockiert werden. Eine Kundgebung vorm Rathaus musste von der Polizei hermetisch mit Polizeiautos abgeriegelt werden. Eine Außenwahrnehmung war so völlig unmöglich.
Auch im nächsten Jahr steht mit der Bundestagswahl erneut ein Wahlkampf an. Die AfD ist auf einem Höhenflug. Es gilt also weiterhin antifaschistisch zu kämpfen.

Protest gegen die „Freien Schleswig-Holsteiner“ auf dem Kieler Rathausplatz

Verkehr
Aber wir haben uns natürlich nicht nur mit Antifaschismus beschäftigt, sondern wollten auch unserem Namen gerecht werden und fürs Klima kämpfen. Im Januar mobilisierten wir in die Leinemarsch. Dort wurde die Besetzung Tümpeltown in einem hannoveraner Waldstück geräumt und die Bäume gefällt, um einer Schnellstraße Platz zu machen. Dabei sollte doch längst klar sein, dass eine Mobilitätswende nur gelingen kann, wenn wir auf öffentlichen Personennahverkehr statt Straßenneubau setzen. 
Im Mai beteiligten wir uns mit einer gemeinsamen Anreise an den Disrupt Aktionstagen gegen die Giga Factory von dem FaschistenFreund Elon Musk in Brandenburg.
In Kiel wurden wir zu den Mobilitätswende-Aktionstagen Anfang Juni aktiv. Eine Versammlung auf der Autobahnauffahrt beim IKEA wurde uns für den Samstag Vormittag von der Versammlungsbehörde verboten. Begründet wurde dies unter anderem mit den vielen Kreuzfahrttourist*innen. Als das Verbot auch vom Gericht bestätigt wurde, verlegten wir sie kurzerhand auf Sonntag zwischen 8 und 9 Uhr. Das gab dann ein zwar sehr frühes, aber doch auch sehr schönes Picknick, von welchem wir in Gedichtform berichteten.
Im August machten wir weiter deutlich, dass eine reine Antriebswende nicht die Lösung für die durch den motorisierten Individualverkehr verursachten Probleme ist. Wir demonstrierten folgerichtig zusammen mit „Sand im Getriebe“ gegen die Ausbeutung beim Lithiumabbau
Im September beteiligten wir uns endlich wieder an einer richtig großen Fahrraddemo zum Klimastreik von Fridays for Future und brachten auch unsere Position in einer Rede zum Ausdruck.

Klimastreik

Gas 

Gerade in der zweiten Jahreshälfte widmeten wir uns auch wieder dem fossilen Brennstoff Gas, welches über Fracking gewonnen oder aus autokratischen Regimen importiert wird. So beteiligten wir uns im September an Protesten gegen das LNG-Terminal in Brunsbüttel unter dem Motto „Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge„. 
Und im November ging es in die Ende Gelände Aktionswochen gegen Gas, an der wir uns mit einem Banner beteiligten. Außerdem teilten wir Infos zu entdeckten Graffitis und Adbustings in Kiel
Kreuzfahrt
Am 1. Juni begingen wir, zusammen mit der „Initiative gegen Kreufahrt in Kiel und anderswo“, den internationalen Tag gegen Kreuzfahrten parallel mit Gruppen an vielen anderen Orten, wie Marseille oder Tarragona, mit einer Land-Wasser-Demonstration unter dem Motto „No Cruises – not here, not anywhere!“ und thematisierten die negativen Auswirkungen der Kreuzfahrten auf Zielorte, Umwelt und soziale Verhältnisse.
Gefreut haben wir uns auch darüber, dass die Aktionsgruppe „Smash Cruiseshit“ mal wieder in Kiel aktiv war und im Sommer zwei Kreuzfahrtschiffe beim Ablegen blockierte. 
No border
Der Diskurs in der Politik zum Thema Migration rutscht immer weiter nach rechts. Alle bürgerlichen Parteien scheinen, sich dabei überbieten zu wollen, wer noch härtere Maßnahmen gegen Geflüchtete treffen kann. In mehreren Bundesländern ist bereits die Bezahlkarte, eine stark die Selbstbestimmung einschränkende Methode der Geldkontrolle, eingeführt worden. In Schleswig-Holstein ist sie seit Dezember zum Teil schon im Einsatz. Gegen die Bezahlkarte demonstrierten wir im Juli zusammen mit anderen Gruppen in einem breiten Bündnis. 
Auch das Abschiebegefängnis in Glückstadt muss weiter Thema bleiben, solange es besteht. Im Mai fand eine große Demonstration der „Kampagne gegen das Abschiebegefängnis in Glückstadt“ mit mehreren hundert Teilnehmenden in Glückstadt statt, die vom Bahnhof zum Abschiebeknast führte. Auch in der Ratsversammlung in Kiel war das Abschiebegefängnis Thema. Am 21.3. wurde über einen Antrag der Fraktion „Die Fraktion“ aus der Partei „die Linke“ und der Partei „die Partei“ gegen die Inhaftierung von Menschen aus Kiel im Abschiebeknast in Glückstadt debattiert.

Protest zur Ratsversammlung

Die Debatte begleiteten 150 Menschen auf dem Rathausplatz. Erfreulicherweise wurde der Antrag mit den Stimmen des SSW, SPD und Grüne angenommen. Wie eine genaue Umsetzung aussehen soll und in wie weit die Ratsversammlung darauf überhaupt Einfluss nehmen kann, ist aber unklar.

Auch gab es dieses Jahr erneut zur Weihnachtszeit ein Krippenspiel gegen Abschiebehaft. In mehreren Kirchengemeinden wurde das Stück aufgeführt, in dem Maria und Josef zusammen mit dem neugeborenen Jesus nach einer Flucht vor Herodes von Abschiebung bedroht sind. Wir freuen uns über das große Interesse für das Stück und wollen auch 2025 wieder auftreten.
Zu Silvester zogen wir 2024 ein letztes Mal vor den Abschiebeknast in Glückstadt. Mit einer Kundgebung in Solidarität mit den Gefangenen und der Forderung der Schließung des Knasts demonstrierten 150 Menschen. Wir kämpfen weiter, gegen das Abschiebegefängnis in Glückstadt und jede Abschiebung. Bis alle Menschen dort leben können, wo sie möchten! 

Kundgebung vor dem Abschiebegefängnis in Glückstadt

Repression

Natürlich darf im Jahresrückblick nicht die staatliche Repression fehlen. Im Januar unterstützen wir Prozesstermine wegen der Räumung des Bahnhofswalds in Flensburg durch eine gemeinsame Anreise.
Auch zu feiern gab es etwas. Es zeigte sich wieder ein mal, dass es sich zu wehren lohnt: Ein angesetzter Prozess wegen der Blockade der Autobahnauffahrt nach einem Klimastreik 2023 fand nicht statt und bei allen, welche Einspruch eingelegt hatten, wurden die Bußgeldverfahren im Laufe des Jahres eingestellt. Später im Jahr passierte das auch bei einem Antifa-bezogenen Bußgeldverfahren wegen Verstoß gegen das Bannmeilengesetz in Hamburg bei einer AfD Gegenveranstaltung. 
Zum internationalen Tag gegen Polizeigewalt am 15.3. organisierten wir gemeinsam mit anderen Gruppen eine Demonstration vom Vinetaplatz zur Falkwache in der Innenstadt. Dabei brachten wir mit ca 100 Menschen unsere Kritik gegen die Polizei auf die Straße und forderten ihre Abschaffung.
Zum Tag der politischen Gefangenen am 18.3. beschäftigten wir uns mit Knast und Solidarität. Im Anschluss an die spannende Veranstaltung schrieben wir gemeinsam Briefe an Gefangene.
Im Juni feierten wir, dass der Verfassungsschutz uns für einen aktiven öffentlichkeitsaffinen Akteuer im linksextremistischen Spektrum sowie für koordiniert und planvoll hält (woher auch immer die das nehmen).

Solibild für Ibi und Maja

Im Sommer beschäftigten wir uns mit der Unterstützung bei einem Prozess wegen einer Autobahnabseilaktion in Solidarität mit der Danni-Räumung im Jahr 2020. Beim Prozess vor dem Landgericht wurde eine Angeklagte wegen Ungehorsam gleich für eine Woche eingesperrt.
Dies nahmen wir zum Anlass ein Schreibcafé für Gefangene zu machen. Schreibcafés führen wir regelmäßig durch, weil wir mit Briefen die grauen Mauern der Knäste durchbrechen können und so auch unsere Unterstützung mit allen Eingesperrten zum Ausdruck bringen können. Mit den Schreibcafés solidarisieren wir uns explizit auch mit den eingeknasteten und untergetauchten Antifas oder den Gefangenen in Belarus. Notwendig war auch dieses Jahr die Solidarität mit verschiedenen Waldbesetzungen sowie den Aktiven der Letzten Generation die vom Staat gerade hart verfolgt werden. 
Um unsere Antirepressionkasse wieder ein bisschen auzufüllen, veranstalteten wir am 13.12. einen Solirave in der Alten Meierei und feierten zusammen mit mehreren hundert Menschen. Danke an alle Menschen, die Geld da gelassen haben und uns im Kampf gegen Repression unterstützen!
Zum Ende des Jahres organisierten wir eine Kundgebungen zu Silvester in Solidarität mit den Gefangenen in den Knästen. Lautstark und mit Redebeiträgen zogen wir am 30.12. mit 25 Menschen vor das Gefängnis in Lübeck in dem dieses Jahr auch TKKG-Aktivistin Ibi für eine Woche eingesperrt wurde. Knäste lösen keine Probleme. Sie schaffen nur zusätzlich neue. Wir wollen eine Welt ohne Knäste, eine Welt in der die Probleme an der Wurzel gepackt werden und wir gemeinschaftlich Lösungen finden!

Demonstration in Solidarität mit den Gefangenen in Lübeck

Bildung
Auch dieses Jahr führten wir unsere Tradition fort und organisierten für den Herbst im Rahmen des „Kritischen Semesterstarts“ eine Veranstaltungsreihe zu verschiedenen Themen.
Darunter eine Veranstaltung gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Dabei kam es zu interessanten Gesprächen und Diskussionen über Militarisierung und die Bundeswehr.
Gemeinsam mit Students for Future Kiel organisierten wir am 30.10. eine Vorführung der Dokumentation „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben„. Der Film gibt Einblicke in den Alltag der Besetzung des Dorfes in NRW, der letzte Ort, der dem Braunkohletagebau geopfert wurde. Auch die teilweise brutal durchgesetzte Räumung durch die Polizei wird im Film nicht ausgespart. Deshalb tat es auch gut, sich nach dem Film noch gemeinsam auszutauschen.
Im Subrosa versuchten wir, Menschen für politischen Aktivismus zu begeistern. Mit Erfolg. Bei einer leckeren Suppe und mit vielen Menschen diskutierten wir darüber, warum es sinnvoll ist, sich zu engagieren und was menschen davon abhält aktiv zu werden.
 
Am 6.11. luden wir ins Fahrradkinokombinat in der Alten Mu zu dem Vortrag „Kolonisierung und Widerstand der Khanten in West-Sibirien“ ein. Darin wurde ein Überblick über die Geschichte der Khanten seit Beginn der Kolonisation bis heute gegeben. Besonderer Fokus lag auf dem Widerstand dieser indigenen Gruppe gegen die Unterdrückung ihrer Kultur und die Ausbeutung ihres Landes für die Profite von russischen Konzernen. Ebenso gab es einen Büchertisch mit vielen Informationen zur Kolonisation von Sibirien und den Khanten und darüber hinaus zu anderen indigenen Kämpfen gegen fossile Infrastrukturprojekte auf der ganzen Welt. 
Nach dem Vortrag gab es wertvolle Anmerkungen aus dem Publikum zur politischen Opposition im heutigen Russland.
Naturschutz wird immer wieder auch aus der rechten Ecke genutzt, um rechte und völkische Ideologie zu verbreiten. Um auf das Thema aufmerksam zu machen, organisierten wir einen Vortrag mit Workshop an der Uni.
Für den 28.11. hatten wir Jonathan Eibisch eingeladen, um gemeinsam über die Politische Theorie des Anarchismus zu reden. Wir freuen uns, dass die Veranstaltung auf sehr reges Interesse traf. Nach dem Vortrag und anschließenden Fragen blieben zu später Stunde noch einige Menschen zum Gespräch über anarchistische Praxis im Café der Alten Meierei. Offensichtlich gibt es in Kiel einen großen Bedarf an anarchistischer politischer Bildung, den wir in Zukunft gerne weiter bedienen möchten. 
Im Rahmen des Antifawochenendes organisierten wir ein kleines Aktionstraining, welches sich hauptsächlich mit Sitzblockaden beschäftigte. In wie weit wir Menschen die Aktionsform nahe bringen konnten, werden wir sehen 🙂
Immer wieder Demos. Immer wieder kleistern. Immer wieder die gleichen Texte schreiben. Das Protest auch anders aussehen kann haben wir beim Workshop zu kreativen Aktionsformen gelernt. Wie kann Ad Busting gelingen? Welche Möglichkeiten habe ich auch mit wenig Menschen, meinen Protest sichtbar zu machen? Um diese und weitere spannende Fragen drehte sich das tagesfüllende Programm.
Feminismus
In mehreren Städten gab es dieses Jahr Aktionen und Kundgebungen im Rahmen des Aktionstags für trans*Gesundheit. In Kiel beteiligten sich 40 Menschen an einer Kundgebung vor dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Mit der Kundgebung wurde auf die menschenverachtenden Praktiken gegenüber trans* und nicht-binären Personen aufmerksam gemacht.
Dieses Jahr waren viele Christopher Street Days von rechten Anfeidungen, Angriffen und Gegendemostrationen betroffen. Wir beteiligten uns mit einer gemeinsamen Anreise zum ersten CSD in Wismar, den rund 200 Neonazis zu stören versuchten. Die Nazis sind nur wenige hundert Meter gelaufen, haben sich dann aber zum Teil in der Stadt verteilt. Es war reines Glück, dass es dabei nicht zu größeren Zwischenfällen oder Verletzten kam.
Ausblick
2024 war für uns ein ereignisreiches Jahr. Auch wenn die Zeiten mit einer immer weiter fortschreitenden Klimakatastrophe und einem forlaufenden Rechtsruck in Politik und Gesellschaft nicht gut aussehen, freuen wir uns auf ein kämpferisches Jahr 2025!

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