Wir blicken zurück auf ein Jahr in schwierigen Zeiten, in denen sich das Klima auf unterschiedlichsten Ebenen verschärft hat. Nicht nur war mal wieder das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, sondern auch das Klima für Aktionen für Klimagerechtigkeit hat sich angesichts des aktuellen Rechtsrucks deutlich verschärft. Dennoch sind viele, auch neue Menschen, im vergangenen Jahr mit uns für Klimagerechtigkeit aktiv geworden.
Lützerath
Das Jahr begann mit der Auseinandersetzung um Lützerath, ein kleines Dorf im Rheinland, welches dem Braunkohletagebau weichen sollte und deshalb seit einiger Zeit neu belebt war, auch wenn RWE schon viele Häuser abgerissen hatte. Eine Besetzung, die Ende 2022 mit Sicherheit dazu beigetragen hat, dass die NRWE-Landesregierung beschloss, dass Lützerath das letzte Dorf in NRW sein sollte, welches abgebaggert werden sollte. Unter dem Motto „Lützerath lebt“ wurde viele Menschen mobilisiert, auch wir organisierten eine gemeinsame Anreise zur Großdemonstration.
Zum Tag X, dem Tag, an welchem die Räumung begann, fuhren nicht nur Leute hin, sondern es gab auch in Kiel eine Demonstration.
Nach gewaltsamer Räumung, aber auch witzigen Momenten mit Cops im Matsch, existiert Lützerath heute nicht mehr, aber die dort entwickelten Ideen und Beziehungen leben weiter. Wie es an einer Hütte dort stand: „Ihr habt versucht uns zu begraben, aber vergessen, dass wir Samen sind.“
Protest gegen LNG
Auch LNG bleibt weiterhin ein Thema. Anfang des Jahres waren wir zusammen mit Ende Gelände Hamburg und U-Turn (Link führt zu Instagram) in Brunsbüttel um der feierliche Eröffnung des schwimmenden LNG-Terminals zusammen mit Robert Habeck beizuwohnen. Allerdings hatte die Polizei etwas dagegen und hat uns mehrere Stunden lang gekesselt bis wir schlussendlich doch noch in Sichtweite des Schiffes demonstrieren durften. Gefreut haben wir uns über die Sabotage der Pipeline von Brunsbüttel nach Hetlingen die wohl im November stattgefunden haben soll.
Veranstaltungen
Nach unserer Veranstaltungsreihe im Jahr 2022 haben wir 2023 direkt nochmal eine dran gehängt. Unter der Überschrift „TKKG and Friends präsentieren: Gemeinsam Kämpfen, eine intersektionale Film und Vortragsreihe“ gab es von Anfang April bis Ende Mai acht Veranstaltungen zu den verschiedensten Themen. Feminismus, militanter Klimaktivismus, Rojava, Antikolonialismus oder Email-Verschlüsselung um nur einige zu nennen. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Kieler Gruppen haben wir so Zusammenhänge zwischen auf den ersten Blick nicht zusammengehörig scheinenden Themen und Klimagerechtigkeit aufgezeigt.
Darüber hinaus gab es im laufenden Jahr immer wieder Themen die uns wichtig waren und zu denen wir Veranstaltungen organisiert haben. So zum Beispiel eine Mobilisierungsveranstaltung zu den Protesten gegen die internationale Automobilaustellung in München oder den Film „Gegen den Strom“ über Menschen die nach einer gescheiterten Sprengung eines Abschiebegefängnisses in den 90er Jahren in Venezuela untergetaucht sind.
Bedanken wollen wir uns nochmal bei allen Gruppen mit denen wir in dem Rahmen zusammengearbeitet haben: Feministische Antifa Kiel, die Autonome Antifa Koordination Kiel, DGB-Jugend, Chefduzen, Rote Hilfe Kiel, Ökologie Referat des Asta der Uni Kiel, die Kampagne gegen das Abschiebegefägnis in Glückstadt, der Wagengruppe Schlagloch, Netzwerk antirassistische Aktion. Gerne wieder.
Feminismus
Nach dem letzte CSD auf dem es bereits Aktionen gegen den Stand der Polizei gab haben wir uns über Pläne für einen Anticopitalistischen Block auf dem CSD gefreut und mit dazu aufgerufen. Im Vorfeld gab es bereits eine Veranstaltung die uns sehr vor den Kopf gestoßen ist. Der queere Verein Haki veranstalte zusammen mit dem CSD eine Podiumsdiskussion unter dem Motto „Blaulicht unter dem Regenbogen„. Eingeladen wurden dazu auch Polizist*innen. Gegen diese Veranstaltung richtete sich ein offener Brief getragen von queeren Menschen in Kiel. Kritisiert wurde das Pinkwashing der Polizei und der gewaltvolle Umgang der Polizei gegenüber queeren Menschen.
Auf dem CSD gab es einen großen Anticopitalistschen Block. Während der Demo als auch am Ende wurden Polizeiautos von Menschen blockiert, um gegen die Präsenz von Cops auf dem CSD zu demonstrieren. Wir haben davon berichtet und zu unserer Freude hat die Aktion eine große mediale Aufmerksamkeit bekommen und Diskussionen innerhalb der Community befruchtet.
Antirassismus und Antifaschismus
Ab Sommer war das Jahr auch geprägt von Kundgebungen und Demonstrationen gegen das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem, die wir zum Teil mit der Seebrücke zusammen organisierten. Die neue Regelung zeigt eindrücklich den Rutsch nach rechts in Europa. Menschen sollen in gefängnisartigen Unterbringungen an den EU Außengrenzen auf die Entscheidung, ob sie überhaupt Anspruch auf Asyl haben, abwarten.
Davon sind sowohl Erwachsene als auch Kinder betroffen. Wie solche Lager in der Realität aussehen können, haben uns die Zustände in dem Geflüchtetenlager Moria auf der griechischen Insel Lesbos gezeigt (gegen die wir schon vor Jahren demonstrierten). Auch sollen Schutzsuchende in sogenannte sichere Drittstaaten abgeschoben werden können, die sie vorher nie betreten haben. GEAS bedeutet das Ende des Rechts auf Asyl und Schutz in Europa. Zu unserer Freude gab es in dem Zusammenhang auch immer wieder direkte Aktionen gegen Büros von Abgeordneten, die den Plänen zum GEAS zustimmen. Auch dieses Jahr wird uns das Thema weiter beschäftigen.
Auch das Abschiebegefängnis in Glückstadt ist weiter ein Thema. Anfang des Jahres gab es den Versuch, eine Abschiebung zu blockieren. Menschen haben eine Ausfahrt des Abschiebegefängnisses blockiert und es wurde eine Kundgebung am Hamburger Flughafen durchgeführt. Leider konnte die Abschiebung trotzdem nicht verhindert werden. Auch gab es im Mai wieder eine Demo — organisiert von der Kampagne gegen das Abschiebefängis in Glückstadt, von der wir ein Teil sind. Im Dezember organisierten wir zusammen mit der Kampagne ein Krippenspiel auf dem Weihnachtsmarkt in Glückstadt. In dem Stück kommen Maria, Josef und Jesus nach ihrer Flucht und der Übertretung einer Landesgrenze in ein Abschiebegefängnis. Mit dem Stück sollte für die Situation der Menschen in Abschiebehaft Aufmerksamkeit geschaffen werden. Traditionell gab es an Silvester dann noch eine Kundgebung vor dem Gefängis in Solidariät mit den Gefangenen.
Aber nicht nur gegen den Rechtsruck in der aktuellen Politik haben wir uns gestellt. Immer wieder versuchen Nazis in Schleswig-Holstein zu demonstrieren. Im Kommunalwahlkampf störten wir zum Beispiel in Heikendorf die AFD bei einem Wahlkampfstand und beteiligten uns an den antifaschistischen Störaktionen gegen die AFD, die vor allem von der Kampagne „AFD in die Schranken weisen“ organisiert wurden. Im November gab es eine Demonstration der AFD in Neumünster, der wir uns mehrfach in den Weg gesetzt haben. Trotz aller Bemühungen und einer zeitgleich stattfindenden antifaschistischen Demonstration, konnte die AFD nicht an ihrer Demonstration gehindert werden. Eine kurz zuvor stattfindende Demonstration der AFD in Kiel konnte durch starken antifaschistischen Protest am Loslaufen gehindert werden. Zudem unterstützten wir durch eine gemeinsame Anreise eine Demonstration in Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern bei der Antifaschist*innen gegen das dort herrschende rechte Klima und gegen die rassistische Hetze aufgrund einer Geflüchtetenunterkunft auf die Straße gegangen sind.
Verkehr
Es ist 2023 und es werden immer noch Autobahnen gebaut, das Straßennetz erweitert und Straßen ausgebaut. Dabei sollte endlich der Fokus auf eine sozial-ökologische Verkehrswende gesetzt werden: Mobilität für alle in Form eines kostenfreien ÖPNV. Um unserer Forderung Ausdruck zu verschaffen, gab es wie in den Jahren zuvor vielfältige Aktionen.
Am 03.03. haben wir es uns nicht nehmen lassen, an die Blockaden der vergangenen Jahre anzuschließen und im Anschluss an den Globalen Klimastreik von Fridays For Future die Autobahnauffahrt zur A215 zu blockieren. Mit ca. 20 Menschen haben wir so ein Zeichen gesetzt gegen den weiteren Ausbau der B404 zur A21 und gegen den Bau der Südspange durch den Kieler Grüngürtel. Jedoch gab es im Anschluss an die Aktion mal wieder Post, wobei es inzwischen so aussieht, also würde nicht viel Repression durchkommen.
Eine Demo mit Fahrrädern, Inlinern, Skateboards und sogar einer rollenden Samba-Band organisierten wir im April zusammen im Bündnis Vorfahrt für den Klimagürtel.
Überregional mobilisierten wir gegen die internationale Automobilausstellung in München und unterstützen immer wieder auch die Besetzung in der Leinemasch in Hannover. Die Besetzung bestand seit dem Herbst 2021 und richtete sich gegen die Erweiterung des Südschnellwegs und die damit verbundene Zerstörung von Teilen der Leinemasch. Im Januar 2024 wurde die Besetzung der Leinemasch geräumt und gerodet.
Auch an weiteren Klimastreiks und Demonstrationen von FFF beteiligten wir uns, ob durch einen mit anderen Gruppen durchgeführten antikapitalistischen Block oder durch Redebeiträge.
Repression
Dass wir durch unsere Aktionen von Repressionen betroffen sind, ist ja nichts neues für uns. Im Januar ging der Prozess rund um eine Abseilaktion in Solidarität mit der Besetzung im Danni im Jahr 2020 weiter und es wurde ein Urteil gesprochen. 60 Tagessätze a 20€. Dazu mehrere hundert Euro Ordnungsgeld. Aber das letzte Wort in dem Prozess ist noch nicht gesprochen. Aktuell warten wir auf einen Termin zur Berufungsverhandlung.
Im Anschluss an die Autobahnauffahrtsblockade vom 03.03. gab es Bußgeldbescheide vom Ordnungsamt. Der Vorwurf: Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Wir legten Widerspruch ein und bereiteten uns mit einem Prozesstraining auf die Gerichtsverhandlungen vor. Die folgende Post zeigte die Absurdität der Justiz. Während bei einigen Menschen die Verfahren eingestellt wurden, hat ein anderer Mensch ein Termin zur Verhandlung bekommen. Kurz vor dem Termin wurde der Prozess abgesagt. Ein weiterer Termin wurde bis jetzt nicht angesetzt. Stand Januar 2024 sind die meisten Verfahren eingestellt.
Aber nicht nur unsere eigene Repression hat uns letztes Jahr beschäftigt. Wir sind solidarisch mit allen Betroffenen von Repression. Ende Mai 2023 endete erstinstanzlich das Antifa Ost Verfahren. Mehreren Antifaschist*innen wird dabei vorgeworfen Nazis im Raum Leipzig und Thüringen angegriffen zu haben. Am Tag der Urteilsverkündung gab es in vielen Städten spontane Demos. Auch in Kiel gab es eine Demo, zu der wir mit aufgerufen haben.
Auch die andauernde Repression gegen die Klimagerechtigkeitsbewegung hat uns beschäftigt. So gab es eine mediale Hetzkampagne gegen die Letzte Generation, Hausdurchsuchungen, Präventivhaft, Haftstrafen und Ermittlungen zur Bildung einer kriminellen Vereinigung. Auch hier gab es Ende Mai eine Solidemo nicht nur mit der Letzten Generation, sondern mit allen Betroffenen von Repression in der Klimagerechtigkeitsbewegung, zu der wir mit aufgerufen haben. In Grevenbroich und Mönchengladbach laufen Prozesse gegen Menschen, denen vorgeworfen wird, das Kohlekraftwerk Neurath blockiert zu haben. Die ersten zwei Menschen wurden erstinstanzlich zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, was bei der ersten Person in zweiter Instanz auf 120 Tagessätze Geldstrafe (3600 €) abgeändert wurde. Wir freuen uns, dass der Mensch nicht mehr von Knast bedroht ist, aber das einzig richtige Urteil wäre ein Freispruch gewesen! Die Prozesse rund um Block Neurath werden uns auch 2024 weiter beschäftigen.
Das Jahr endete dementsprechend für uns mit zwei Solipartys um unsere Antirepressionskassen wieder ein bisschen aufzufüllen. Danke an NoMovement und die Orga der Silvesterparty! Spaß hatten wir dabei aber natürlich auch.
Wenn ihr nach dem lesen dieser kleinen Jahreszusammfassung Lust habt, uns einmal kennen zu lernen und mit uns Aktionen zu organisieren, meldet euch gerne bei uns. Cops müssen draußen bleiben 😉