Es ist erster International Asexuality Day (Link)! Den Hambi-Erotik-Kalender 2019 (Link) rausgekramt, zum November geblättert und nachgelesen:
Hast oder hattest du Spaß an Sex? Kannst du mehr oder weniger genau sagen, ob du einen Menschen sexuell anziehend findest? Und wenn du eine Person oder Sexpraktik anziehend findest, hast du auch Lust, das in die Tat umzusetzen?
Wenn du diese Fragen mit „ja“ beantwortest, dann bist du wahrscheinlich allosexuell – hast du das gewusst? Schon spannend, dass es da ein Wort gibt, das die meisten Menschen, auf die das zutrifft, gar nicht kennen. Ich finde, das sagt einiges über kaum hinterfragte Normen bezüglich Sexualität… Hast du ein „nein“, Zögern oder Unsicherheit bei auch nur einer der Fragen, dann kann es sein, dass du allo-, sondern irgendeine der vielen verschiedenen Formen von asexuell bist.
Wie das sogenannte „asexuelle Spektrum“ alle Menschen inspirieren kann, egal wie (un)sicher sie sich in ihrer Sexualität sind, ist mit der Unterscheidung von sexueller Anziehung, sexuellem Begehren und sexueller Erregung. Weil in der asexuellen Gemeinschaft Verbildlichungen mit Essen sehr beliebt sind, werde ich diese Unterscheidung am Beispiel von Kuchen verdeutlichen: Stell dir also ein Stück Kuchen vor, so ein richtig saftiges Stück, außen knusprig und innen weich und fluffig. Wenn du jetzt findest, dieses Stück Kuchen sieht so lecker aus und duftet auch so gut, dann verspürst du Anziehung. Wenn du gerne deine Zähne in diesen Kuchen hineingraben würdest und erleben möchtest, wie er sich in deinem Mund anfühlt, dann begehrst du diesen Kuchen. Wenn du meinst, den Kuchen anzufassen, zu kauen und zu schmecken würde dir eine schöne sinnliche Erfahrung verschaffen, dann ist diese Erfahrung Erregung. Übertragen bedeutet das also: eine Person sehen, riechen, erleben und dabei toll und eben (sexuell) anziehend zu finden, ist etwas anderes, als körperliche, sexuelle oder andere Nähe zu einer Person zu suchen und wieder etwas anderes ist es, sich davon Erregung, Lust oder Befriedigung zu versprechen.
Das wundervolle am asexuellen Spektrum ist dabei das Anerkennen, dass diese drei vollkommen unabhängig voneinander bestehen können! Ich kann mich zu einem Menschen – auch sexuell – hingezogen fühlen, ohne Erregung zu verspüren. Ich kann eine Person begehren, ohne sie anziehend zu finden. Ich kann befriedigende, lustvolle Erfahrungen mit und ohne Menschen machen, ohne dass ich gerade spezielle Menschen oder Menschen überhaupt anziehend finde oder begehre. Spektrum bedeutet dabei zum einen, dass Menschen in einer riesigen Vielfalt von Zugängen zu Anziehung, Begehren und Erregung unter dem Begriff Asexualität gefasst sind. Zum anderen, dass Erleben und Wahrnehmen nicht beständig und festgelegt sein müssen, sondern sich sowohl von Moment zu Moment unterscheiden, als auch abhängig von den Menschen, mit denen ich gerade bin.
Asexuell zu sein heißt also nicht automatisch, Sex abstoßend zu finden, keine Anziehung zu kennen oder lieber in körperlicher Distanz zu Menschen zu sein. Es bedeutet auch nicht aufgrund von Erfahrungen die Vorstellung von Sex bedrohlich zu finden. Es gibt asexuelle Menschen, für die Sex einfach nicht den Stellenwert hat, der ihm so oft zugeschrieben wird, genauso wie welche, die Sex haben, die masturbieren, die gerne Pornos gucken, und die unabhängig davon verschiedenste Formen von Nähe zu und Austausch mit Menschen schätzen.
Dass Menschen unterschiedliche Vorlieben haben, welchen Kuchen sie wie essen wollen (Sexpraktiken und Orientierungen), kommt langsam in den Köpfen von Menschen an. Der gesellschaftliche Umgang mit Asexualität entspricht – meist selbst in queeren Kreisen – einer Haltung von: „Wer mag denn schon keinen Kuchen?“ Völlig außer acht lassend, dass Menschen vielleicht vegan leben und nur bestimmt Kuchen essen, dass Menschen Allergien haben und nur bestimmte Kuchen essen können oder dass Menschen auch keinen Kuchen essen, weil sie eben keinen Kuchen essen wollen. Aus ihren ganz eigenen Gründen, die sie selbst kennen oder nicht und die aber unabhängig davon auf jeden Fall niemand zu hinterfragen, anzuzweifeln oder abzusprechen hat!
Wie jede andere Identitätsbeschreibung ist auch Asexualität im Kern ein Wort, das eine Person Anderen und sich selbst beschreibt. Allerdings eines, dem in Gesellschaften mit so viel unverdienter Unwissenheit, falschen Vorurteilen und Ignoranz begegnet wird – vor allem in Anbetracht der Bereicherung die Herangehensweise des Spektrums für das eigene Nachdenken sein kann.
All credits für den Text an die Chaos-Calendar-Crew!