Wer sind wir und was wollen wir eigentlich?

Anmerkung: Wer nach dem Lesen immer noch bei uns mitmachen will, kann am Mo, 28.9. um 17 Uhr zum Neueinsteiger*innen-Treffen kommen, meldet euch bei tkkg[ät]riseup.net für den Treffpunkt.

Immer mal wieder versuchen wir aus unserem Aktionstrott einen Schritt zurück zu treten und diskutieren, wie wir die Welt sehen, was wir wollen und wie wir das erstreiten wollen. Das haben wir auch in diesem Sommer 2020 gemacht und möchten das Ergebnis unsere Momentaufnahme teilen, wie wir unsere Gruppe selbst verstehen, jetzt im Sommer 2020, was nicht heißt, dass sich das nicht ändern kann. Wir versuchen einige Punkte weiter zu diskutieren und veröffentlichen dann weitere Texte dazu.

Analyse und Ziele

Wir sind vielfältig und das merkt mensch unseren Aktionen und Themen auch an. Wir werden da aktiv, wo wir es wichtig finden. Ob Klimagerechtigkeit, Luftverschmutzung, Kapitalismus-Kritik, Polizeistaat und Überwachung, Feminismus, Arbeiter*innenrechte oder Seenotrettung – kurz gesagt: Wir kämpfen nicht nur für Klimaschutz, sondern für eine lebenswerte Welt.

Wir setzen uns für ein gutes Leben für alle ein. Ein gutes Leben bedeutet für uns nicht, dass jede*r Villa, Pool, Privatjet und Yacht bekommt. Denn so viel Geld macht einen auch nicht glücklicher. Im Gegenteil: Diese Ansammlung von Reichtum ist nur für wenige auf Kosten vieler anderer erreichbar. Für uns bedeutet gutes Leben, dass niemand von anderen ausgebeutet wird. Weder hier, noch anderswo in der Welt. Wir dürfen auch nicht auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Ist es nicht erstrebenswert, dass alle, heute und morgen, ein gutes Leben haben? Ohne Mangel und ohne Ausbeutung!

Das bedeutet auch, dass wir ein anderes Wirtschaftssystem brauchen. Denn Kapitalismus basiert auf Ausbeutung und unbegrenztem Wachstum – in einer Welt mit endlichen Ressourcen wird das auf Dauer nicht funktionieren. Gerade funktioniert es nur deswegen, weil diejenigen, die die Schäden verursachen sie nicht tragen müssen. Beispielsweise sind Bio-Produkte oft teurer als „konventionell“ hergestellte. Anders sähe es aus würden die Schäden die durch Kunstdünger, Pestizide und Monokulturen angerichtet werden in den Preis mit einbezogen werden. Wir wollen, dass die Schäden auch von den Verursacher_innen getragen werden und nicht von der Gesellschaft.

Gleichzeitig sehen wir, dass andere Kaufentscheidungen nicht ausreichen. Uns wird oft gesagt, dass Konsument*innen sich durch ihre Kaufentscheidung für eine bessere Welt einsetzen können. Das Problem dabei ist, dass oft mitschwingt, dass sonst nichts geschehen muss. Aber so wird sich die Welt nicht verändern. Denn das würde heißen, dass nur diejenigen ein „gutes“ und „nachhaltiges“ Leben haben können, die es sich leisten können. Armen Menschen wird dabei die Schuld an einer Umweltkrise zugeschoben, die sie kaum mit verursacht haben. Oft sind diejenigen mit dem größten Budget auch diejenigen mit dem größten CO2-Fußabdruck, sei es durch den Bildungsurlaub mit Atmosfair-kompensierten Flügen oder durch das E-Auto als Zweitwagen. Das zeigt, dass notwendige strukturelle Fragen bewusst ausgelassen werden. Wir wollen gesellschaftliche Strukturen verändern und uns nicht auf unsere Rolle als Konsument*innen reduzieren lassen.

Wie wir aktiv sind und zusammen arbeiten

Unsere politischen Vorstellungen und Utopien sollen sich natürlich auch in der Art wie wir zusammen arbeiten wieder spiegeln.

Wir sind aktionsorientiert, das heißt, unsere Utopien sollen sich durch unser Handeln verwirklichen und wir greifen auch direkt ein, wenn uns etwas stört. So sehen dann auch unsere Aktionen aus: Selbstbestimmt, widerständig, kreativ, ungehorsam und/oder witzig. Wir nutzen eine Vielzahl von Taktiken: Von Straßentheater, Kunstaktionen & Flyern über Demos und Kundgebungen bis hin zu Blockaden und Besetzungen. Darüber hinaus organisieren wir Vorträge, Lesungen, Soli-Partys und Kino-Abende. In unseren Aktionen wollen wir Dinge sichtbar machen, die in unserer Gesellschaft schief laufen, damit Menschen das Leiden durch die Ausbeutungsehen, nicht mehr ignorieren können und bekämpfen.

Wir handeln selbstbestimmt und radikal. Für uns heißt dass, dass wir alles hinterfragen, nicht einfach hinterherlaufen, mit Kritik nicht beim Klima aufhören und auch utopische und (scheinbar) unrealistische Ziele verfolgen wie beispielsweise dass ab morgen alle Flugzeuge am Boden bleiben, die komplette Stadt autofrei ist oder alle Grenzen offen seien. Unser Handlungen bestimmen wir selbst. Wir entscheiden gemeinsam, was wir in welcher Situation für legitim, sinnvoll und angemessen halten und hören nicht auf, wenn gegenwärtige Gesetze es verbieten. Die politische Verantwortung für unser Tun und Lassen übernehmen wir und diskutieren natürlich auch unsere Fehler.

Wir sind unabhängig und versuchen uns nicht von äußeren Zwängen von unseren Plänen abbringen zu lassen. Auch wenn das bei einer Vielzahl von Zwängen leichter gesagt ist als getan und es für Menschen vielleicht auch schon Zwänge gibt, die sie gar nicht erst bei uns auftauchen lassen. Spontan können wir auch mal aus einer Gemütslage heraus handeln. Wenn nicht alle einverstanden sind, können Aktionen auch unter anderem Label stattfinden. Wir begeben uns in keine Abhängigkeit von NGOs oder Geldgeber*innen, auch wenn wir natürlich auch Geld brauchen und wir das uns auch beispielsweise für Veranstaltungen geben lassen. Bestimmen lassen wir so oder so nicht von außen, was bei uns passiert.

Wir streben an hierarchiearm zu arbeiten. Das ist uns wichtig, weil alle Menschen sich beteiligen sollen, alle was zu sagen haben und wir so auch am wirkungsvollsten sind. Für viele von uns ist Hierarchiefreiheit Teil unserer Utopie. Wir schätzen deshalb unterschiedliche Aktionsformen und für uns sind auch alle Aktionsbeteiligungen gleich viel wert, egal ob wer gerade im Vordergrund oder Hintergrund aktiv ist. Jede*r macht bei uns, was er*sie möchte und wo sie*er sich bei wohlfühlt. In unser Gruppe versuchen wir Hierarchien abzubauen, indem wir Wissen weiter geben, unsere Rollen und unser Redeverhalten reflektieren. Dabei kann jede*r Fehler machen, das ist nichts schlimmes und wichtig um gemeinsam besser zu werden.

Natürlich haben wir nicht alle die gleiche Meinung (das wäre sonst ja auch ziemlich langweilig). Wir wollen natürlich aber alle unsere Positionen einbeziehen, gerade bei unseren Aktionen, deshalb arbeiten wir konsensorientiert. Wir bieten eine offene Plattform: Alle Menschen können Ideen einbringen und meistens bildet sich eine Gruppe, die Lust hat die Idee gemeinsam umzusetzen. Wir hören Bedenken und bemühen uns einen Kompromiss zu finden. Aber wir beharren nicht darauf immer einen Gruppenkonsens zu haben – Aktionen können auch stattfinden, ohne das alle davon begeistert sind. Wir finden es bereichernd, dass wir nicht bei allem einer Meinung sind und versuchen das auch nach Außen sichtbar zu machen.

Solidarisch gegen Diskriminierung

Wichtig ist uns auch solidarisch zu sein. Nach außen mit anderen Gruppen und Kämpfen, weil einfach alles zusammen hängt, beispielsweise Klimakrise und Fluchtbewegungen. Wir fangen bei uns in Kiel an, hören hier aber nicht auf. Denn für uns hängen lokale Kämpfe mit globaler Ungerechtigkeit zusammen. Wir werden aktiv, um diese zu beenden, sowohl in unserem Alltag, als auch auf der Straße. Wir begrüßen es, dass Gruppen unterschiedliche Mittel und Wege für emanzipatorische Kämpfe wählen: Deswegen distanzieren wir uns nicht von anderen Gruppen, sondern üben solidarische Kritik. Auch innerhalb der Gruppe wollen wir uns nicht allein lassen, uns gegenseitig bei Problemen unterstützen und uns auch Pausen und Urlaub gönnen. Mit Repression bleibt niemand allein, weder emotional noch finanziell.

Wir wollen gegen Diskriminierung und Unterdrückung kämpfen. Was nützt uns eine klimafreundliche Welt, wenn der ganze andere Scheiß einfach weiter geht?  Was das für uns bedeutet, ist aktuell ein Diskussionspunkt für uns, weil wir eben nicht bei Schlagwörtern wie Antirassismus oder Antisexismus stehen bleiben wollen, sondern uns wichtig ist, dass wir wenn wir uns dazu äußern, das auch mit Inhalt füllen können.

Wir beschäftigen uns kritisch mit unserem Namen, der zwar flippig klingt und leicht zu merken ist, aber auch an die Kinder-Serie erinnert, die ziemlich sexistisch und rassistisch ist. Wir positionieren uns dazu, um den Fame der Blödiane nicht noch zu verstärken, sondern ihnen vielmehr die Aufmerksamkeit zu nehmen. Unsere fortdauerende Diskussion dazu findet ihr [hier].

Und wir verändern uns. Im Grunde ist dieses Selbstverständnis nicht mehr als eine Momentaufnahme. Wir haben Lust uns weiter zu entwickeln und zu lernen. Und letztendlich besteht jedes „wir“ aus vielen einzelnen Personen. Deswegen freuen wir uns über jede Person, die neue Impulse und eigene Ideen einbringt. Wichtig ist nur, dass dabei das Ziel eines guten Lebens für alle erhalten bleibt.

TKKG im August 2020