Am 21. Juli 2024 wurde Paul Watson von den dänischen Behörden in Gewahrsam genommen, denn vor über zehn Jahren störte er mit Sea Shepherd den Walfang Japans in der Arktis. Nun droht ihm eine Auslieferung nach Japan und folglich ein Leben hinter Gittern. Unsere Solidarität darf nicht nur denen gelten, denen wir immer zustimmen, daher haben wir hier einige Gedanken zusammengestellt.
Paul Watson ist kein Heiliger, obwohl er medial gerne so dargestellt wird. Seine neueste Organisation, die Captain Paul Watson Foundation, trägt nicht nur seinen Namen. Auch sonst stellt sie ihn in den Mittelpunkt ihres Handelns und betrachtet ihn als maßgebliche Inspiration.
Wir möchten allerdings daran erinnern, dass er sich nicht nur für Meeresschutz einsetzt, sondern z.B. auch gegen Immigration.
Nach seiner rassistischen und sozialdarwinistischen Auffassung sollten Migrant*innen ‚lieber die Probleme in ihrem Herkunftsland lösen‘, anstatt in die USA einzuwandern, da Menschen, die in den USA leben, mehr Ressourcen verbrauchen.[1] Damit verzichtet Paul Watson auf eine Kritik der ausbeuterischen Produktionsweise im Kapitalismus und ignoriert fortbestehende, koloniale Ungleichheiten.
Paul Watson unterhielt ebenfalls Verbindungen zu Brigitte Bardot, eine langjährige Unterstützerin der rechtsextremen französischen Partei „Front National“. Sie wurde auf Grund ihrer rassistischen Äußerungen bereits mehrfach zu Geldstrafen verurteilt und dennoch benannte Sea Shepherd eines ihrer Schiffe nach ihr. [2]
Heute ist Paul Watson kein Teil mehr von Sea Shepherd. Sein Ruf und seine von Japan ausgestellte „Red Notice“ – quasi ein internationaler Haftbefehl – wären wohl hinderlich für den neuen Kurs, den Sea Shepherd einlegt: Weniger direkte Aktionen und mehr Zusammenarbeit mit Staaten – naja.
Ob sich Sea Shepherd an den konfrontativen Methoden Watsons gestört hat oder an seinen rassistischen Aussagen, steht wohl in den Sternen.
Wir finden, Watson verkennt die Ursache eben dieser Umweltzerstörung, der er sich in den Weg stellt. Er scheint der Meinung zu sein, die schiere Menge an Menschen wäre der Grund für den bevorstehenden Kollaps der Weltmeere. Wir sehen die treibende Kraft hinter der Ausbeutung ganz klar im Kapitalismus.
Viele indigene Gemeinschaften auf der ganzen Welt zeigen uns schließlich, wie sorgsam mit den natürlichen Ressourcen umgegangen werden kann.[3] Auch Watson stellt dies fest: „[…] the [indigenous] people there understood one thing: if the fish disappeared they would die. And therefore conservation was a necessity. The problem is, right now we have no taboo areas anywhere in the world. The fish have no place to hide and we’re catching more than the ocean can survive.“ [4] Solche Aussagen stehen allerdings in starkem Widerspruch zu diversen Aktionen von Sea Shepherd, welche sich direkt gegen die Lebensweise indigener Gemeinschaften richteten.
Ebenso würde der Umstieg auf eine vegane Ernährung nicht nur das Leid der Milliarden Nutztiere mindern, sondern auch viel effektiver die Menschheit ernähren und so die Meere entlasten.
Am Lobbyismus der Tierindustrie scheint die Politik aber weiterhin interessierter zu sein, als am Schutz von Lebewesen und am Erhalt unserer Lebensgrundlage.[5]
Währenddessen spricht die Marktwirtschaft den Profit heilig und am Ende geben sich die Regierungen trotzdem verwundert, warum ihre Regulierungen nicht funktionieren.
Sea Shepherd und die Captain Paul Watson Foundation haben dennoch kein Problem, sich von diversen Milliardär*innen sponsorn zu lassen. Dadurch wecken sie bei ihrer breiten Masse an Fans den Anschein, die Reichen wären am Kampf gegen den Klimawandel interessiert. Dabei sind es eben diese Reichen, die mit ihrem grotesken Konsum die Klimakrise ankurbeln.[6]
Obendrein droht die Fokussierung auf einen relativ kleinen Teil des Meeresschutzes, nämlich die Jagd, zumeist auf Meeressäugetiere, sämtliche öffentliche Aufmerksamkeit und finanzielle Mittel in einem Bereich zu bündeln. Doch wir müssen den Kollaps unserer Ökosysteme und des Klimas viel ganzheitlicher betrachten.
Klima- und Umweltschutz muss dekolonial und emanzipatorisch gedacht und gemacht werden, um möglichst effektiv zu sein. Deshalb sollten wir Personen wie Paul Watson nicht zu Anführer*innen einer Bewegung machen, sondern diese gleichberechtigt mitgestalten. Wir möchten euch anhalten, euch selbst einzubringen und lokale Gruppen zu unterstützen, sei es durch eigene Handarbeit oder finanziell, denn nicht nur Menschen mit großem Medienteam setzen sich für eine bessere Zukunft ein.
Eine Zukunft, die wir mitgestalten wollen, die dekolonial, anti-rassistisch, anti-kapitalistisch und feministisch ist – aber eben auch abolitionistisch. Denn trotz all dieser Kritik, haben uns die Neuigkeiten seiner Inhaftierung dazu veranlasst, diesen Text zu verfassen, um uns ein weiteres mal gegen das Einsperren und Ausliefern jedweder Aktivist*innen auszusprechen, einschließlich Paul Watson.
Niemand sollte eingesperrt sein! Für die echte Befreiung von Mensch und Tier und allen anderen Lebensformen! Keine Auslieferungen!