Fight Fortress Europe – STOPGEAS !

Eildemonstration in Kiel, Sonntag der 11.06.23 ab 17 Uhr auf dem Europaplatz!

Am Donnerstag haben die EU-Innenminister*innen sich auf eine lange umstrittene Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylrechts (GEAS) geeinigt. Die Einigung stellt die massivste Einschränkung seit 30 Jahren dar und bedeutet die faktische Abschaffung des Rechts auf Asyl. Sie stellt die Weichen für noch mehr Menschenrechtsverletzungen.

Zustände wie in Moria sollen nun zum schrecklichen Normalfall werden und Geflüchtete sollen planmäßig unter haftähnlichen Bedingungen in Lager an den Außengrenzen gesteckt werden. Rechtschutzmöglichkeiten werden durch Vorprüfungen von Asylanträgen an den Außengrenzen eingeschränkt, die nicht gleichwertig zu einem richtigen Asylverfahren sind.

Es ist an Zynismus und Verlogenheit kaum zu überbieten, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser nur kurze Zeit später von einem ‚historischen Erfolg für die Europäische Union, für eine neue solidarische Migrationspolitik und für den Schutz von Menschenrechten‘ redete.

Diese Einigung ist vielmehr ein Skandal! Das inhumane europäische Grenzregime darf nicht weiter ausgeweitet werden, sondern gehört abgeschafft!

Wir rufen deshalb zu einer Eildemonstration gegen die GEAS-Reform auf:
Kommt am Sonntag, den 11.06.2023 in Kiel zum Europaplatz um gemeinsam mit uns eure Wut und euren Protest auf die Straßen zu tragen!

Nieder mit der Festung Europa!

Hier gibt es noch einen kurzen Bericht von der Kundgebung gegen die GEAS am Donnerstag:

Menschenrechte! Keine Kompromisse #STOPGEAS

Gemeinsam mit der Seebrücke Kiel, der Seebrücke Neumünster  mit Dont Forget Afghanistan Kiel Zhina Ye Iran der Kampagne gegen das Abschiebegefängnis in Glückstadt, Nara Kiel Amnesty International Kiel und weiteren waren  insgesamt ca. 100 Menschen am Europaplatz zum Protest gegen die GEAS Reform versammelt. Am Abend wurde bekannt, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser bzw. die deutsche Ampelregierung (inklusive Grüne und SPD) sogar den Punkten zugestimmt haben, an denen sie sich zuvor noch zumindest ein wenig gestört hatten – auch Kinder werden inhaftiert werden können. Nancy Faeser labert trotzdem irgendwas von einem historischen Erfolg für die EU und von solidarischer Migrationspolitik zum Schutz von Menschenrechten.
Wir dürfen nicht aufhören, gegen diese rassistische Politik vorzugehen! Flucht und Migration ist auch ein Thema, was die Klimagerechtigkeitsbewegung beschäftigen muss. Während mit diesen Gesetzen die Weichen für die nächsten Jahre gestellt werden, wird es für viele Menschen weltweit durch die Folgen der Klimakrise in den nächsten Jahren immer weniger Optionen als Flucht geben.
Im Folgenden findet ihr den einleitenden Redebeitrag von gestern, der die Beschlüsse nochmal zusammenfasst !

Wir stehen hier, weil wir es nicht einfach hinnehmen wollen, wenn das Recht auf Asyl faktisch abgeschafft wird.
Heute wurde im EU-Minister*innenrat die geplante Reform des ‚Gemeinsamen Europäischen Asylsystems‘, kurz GEAS diskutiert. Auch die deutsche Ampelregierung und deren Vertretung in diesem Rat wollen den geplanten Veränderungen zustimmen, mit kleinen Ausnahmen bzw. Unsicherheiten – trotz jeder Menge Kritik und Protest, auch aus der Basis der an der Ampelregierung beteiligten Partei die Grünen. Die Gespräche werden morgen fortgesetzt werden, doch schon jetzt ist klar, dass die angeblich so progressive Ampelregierung kein großes Problem sieht in dem, was die geplanten Veränderungen sind: Der Weg in Richtung noch mehr Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit, die weitere Abschaffung des Rechts auf Asyl.
Die wichtigsten Aspekte dieser geplanten Reform, die einen weiteren Ausbau der Festung Europa, die sich und ihren Wohlstand vor Migrant*innen und Flüchtenden abschirmt, seien im folgenden nochmal kurz genannt.
Wenn das Gemeinsame Europäische Asylsystem durchgesetzt wird, können Menschen künftig in Drittstaaten abgeschoben werden, die sie zuvor niemals betreten haben. Das Dublin-System würde verschärft werden, das heißt unter anderem, dass die Überstellungsfrist von 6 Monaten auf ein Jahr verdoppelt würde, bei sogenanntem Untertauchen von 1,5 Jahren auf 3 Jahre. Asylanträge von Personen, die über einen als solchen deklarierten sicheren Drittstaat einreisen, können unabhängig der Fluchtgründe abgelehnt werden. Um als sicherer Drittstaat eingestuft zu werden, reicht es sicherere ‚Teilgebiete‘ auf dem Staatsgebiet zu haben. Gelder sollen an außereuropäische Drittstaaten fließen, zum Beispiel an die lybische oder tunesische Küstenwache, die damit dann das ‚Abwehren‘ von Migrant*innen finanzieren. Mit der Instrumentalisierungsverordnung soll es EU-Mitgliedsstaaten erlaubt sein, vom EU-Recht abzuweichen, wenn Migration ‚instrumentalisiert‘ werde, um Europa zu ‚destabilisieren‘.


Die Formulierungen an dieser Stelle sind laut Pro Asyl sehr schwammig, würden jedoch sogenannte Pushbacks legitimieren, also das ‚Zurückschieben‘ bzw. in der Realität dann eher prügeln von Migrant*innen, die bereits die Grenze überschritten haben, jedoch noch keine Möglichkeit hatten einen Asylantrag zu stellen oder dessen Rechtmäßigkeit gerichtlich prüfen zu lassen. Die Menschen würden über all an den äußeren Rändern Europas in Lagern quasi gefangen sein, die eher als Knäste als Unterkünfte genannt werden können – Sicherheitszäune, Stacheldraht, Überwachung rund um die Uhr, strenge Sicherheitskontrollen. Für Kinder und andere vulnerable Personengruppen wie z. B. queere Menschen gibt es demnach keine Schutzräume, der Zugang zu Beratungsstellen und Unterstützung ist massivst erschwert.
Das alles ist jetzt schon alltäglich die Realität von vielen tausend Menschen auf der Flucht – in Griechenland zum Beispiel. Und auch Pushbacks finden statt, immer wieder – zum Beispiel an der Grenze zwischen Polen und Belarus. Schon jetzt kostet die aktive Gleichgültigkeit und weitreichende Begrüßung gegenüber dieser europäischen Praxis viele Menschen ihre Gesundheit und auch ihr Leben. Weiterhin sterben immer wieder Menschen, weil sie im Mittelmeer ertrinken müssen, oder weil sie ohne medizinische Versorgung und Nahrung wochenlang in den Wäldern ausharren, im Winter wie im Sommer, und immer wieder gepushbackt werden beim Versuch Europa zu erreichen.

Das alles, soll nun auch ganz offiziell und rechtlich erlaubt sein. Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD sagte vor Beginn der Verhandlungen menschenrechtliche Standards stünden für Deutschland bei den Verhandlungen ganz oben. Familien mit kleinen Kindern wolle man zum Beispiel lieber nicht in Grenzverfahren sehen müssen. Wichtiger noch als diese minimalen Kritikpunkte an der unmenschlichen Reform scheint ihr die innereuropäische Solidarität zu sein – man müsse das Europa der offenen Grenzen retten sagte sie ganz wortwörtlich. Gemeint sind damit aber natürlich nicht die Außengrenzen, sondern die Grenzen innerhalb der EU. Ihre Befürchtung sei, dass Europa in die Nationalstaatlichkeit zurückfalle, wenn es keine gemeinsame Lösung gäbe.
Das letzte Mal, dass der deutsche Bundestag das Asylrecht so stark eingeschränkt hat, in ziemlich genau 30 Jahre her. Mit diesem ersten sogenannten ‚Asylkompromiss‘ wurde einem starken Rechtsruck stattgegeben, in der Hoffnung ihn dadurch einzudämmen. Nur drei Tage nach der Beschneidung des Asylrechts im Grundgesetz wurden in Solingen 5 Menschen ermordet, 14 weitere durch den Brand schwer verletzt.
Auch heute ist der Rechtsruck spürbar, 18% sollen die rassistische und rechstextreme Partei AFD laut aktuellen Umfragen wählen wollen.
Doch was dagegen hilft ist nicht das Ausschließen, verdrängen und sterben lassen, das indirekte und manchmal sogar direkte Töten von Migrant*innen – wer all dies Geschehen lässt und sogar mitmacht dabei, der macht sich schuldig und stellt sich auf die Seite derer, die ein Europa ohne Geflüchtete wollen, ob sie es nun zugeben oder nicht.
Lasst uns stattdessen solidarisch zusammenstehen und das Recht auf Asyl verteidigen, solidarisch mit allen Menschen auf der Flucht. Mit allen Menschen, die schon hier sind und seit Jahren keine Sicherheit haben. Mit allen Menschen, die inhaftiert werden – ob hier im Abschiebegefängnis in Glückstadt oder anderswo in und um die Festung Europa.

Am 20 Juli, am Welt GeflüchtetenTag wird es hier in Kiel nochmal eine Demo geben. Lasst uns heute und auch am 20. laut sein!

Brick by brick, wall by wall, make the fortress europe fall!