Silvesterkundgebung vor dem Abschiebeknast Glückstadt
Am heutigen teils regnerischen Nachmittag fanden sich ca. 50 Menschen zu einer Kundgebung mitsamt boxenbeladenem LKW vor dem Abschiebegefängnis in der alten Marinekaserne in Glückstadt zusammen. Nach einer Begrüßung durch die Besuchsgruppe schallten abwechselnd Redebeiträge und Grußworte, sowie Musik über die Knastmauern hinweg. In den Redebeiträgen wurde mehrfach auf den Widerstand der Inhaftierten in diesem Jahr Bezug genommen, der sich unter anderem durch mehrere Hungerstreiks und Fluchtversuche zeigte. Die Redner*innen bekundigten den Gefangenen ihre Solidarität im Kampf gegen die rassistische Abschiebepolitik, die in Glückstadt seit nun über einem Jahr jeden Tag unübersehbar ist. Zum Schluss gab es noch ein Telefonat mit dem Inhaftierten Ustarz, der ebenfalls mit der Besuchsgruppe in Kontakt getreten ist und versucht, gegen die Inhaftierung vorzugehen. Danke euch für euer zahlreiches Erscheinen, danke @waldinselrecords für die krasse Technik und danke für die ganze Orgaarbeit an die Besuchsgruppe für Abschiebegefangene und an die Kampagne Glückstadt ohne Abschiebehaft!
Auf dass der Knast 2023 wieder schließt! We are here, and we will fight, freedom, of movement, is everybodys right!
Kundgebung vor der JVA KIel
Zeitweise bis zu 40 Menschen und über den Abend verteilt nochmal einige mehr nahmen an Silvester bei der Kundgebung an der JVA Kiel in Solidarität mit den Gefangenen teil. Nach einem ziemlich holprigen Start, der wohl dem Wetter und ein wenig Chaos beim Aufbau geschuldet war, ging es mit einer tollen Performance der Trommelgruppe Rythms of Resistance los. Im weiteren Verlauf des Abends gab es dann noch mehrere Redebeiträge, unseren findet ihr hier im Anschluss.
Außerdem gab es reichlich laute Musik, ein wunderschönes Live Konzert von (Mira) sowie einige Gespräche durchs Fenster mit Inhaftierten des offenen Vollzugs.
Wir freuen uns, dass wirklich so viele Menschen da waren und hoffen, dass diese Tradition nächstes Jahr fortgesetzt wird.
Unser Redebeitrag für die Kundgebung vor der JVA Kiel:
Redebeitrag – Knäste abschaffen
Was ist das Ziel von Gefängnis? Im Strafvollzugsgesetz steht in §2 geschrieben „ Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten.“ Das Ziel ist also Resozialisierung und Schutz der Gesellschaft. Aber wie sollen Menschen resozialisiert werden, was auch immer das heißen mag, wenn sie die meiste Zeit des Tages weggesperrt werden, keine Möglichkeit haben sich selbst zu organisieren und die meisten Aufgaben für sie übernommen werden. Wie sollen Menschen es schaffen im Anschluss an den Knast ein selbstbestimmtes Leben zu führen wenn sie vorher komplett fremdbestimmt waren? Häufig finden eine Vorbereitung auf das Leben draußen gar nicht oder viel zu unzureichend statt. So ist es zum Beispiel nicht selbstverständlich, dass Menschen nach dem Knast eine Wohnung haben oder das nach Jahren in Haft noch irgendein soziales Netz vorhanden ist, dass einen auffängt. Immer wieder finden sich Menschen nach der Haftstrafe in der Obdachlosigkeit wieder, finden keinen Job, werden von der Gesellschaft ausgeschlossen.
In deutschen Gefängnissen gilt eine Arbeitspflicht. Was als Teil einer Resozialisierung verkauft wird ist de facto Zwangsarbeit und Ausbeutung von Menschen zu niedrigstlöhnen jenseits der gesetzlichen Standards und ohne jede Möglichkeit der gewerkschaftlichen Organisierung. In den USA spricht mensch vom Gefängnis Industriellen Komplex. Die USA hat in ihren privatisierten Knästen die meisten Gefangenen der Welt. Dort wird der Gefangene zur Ware denn mit Menschen hinter Gittern lässt sich Geld machen. Daran verdienen allerlei Firmen zum Beispiel die in Gefängnissen produzieren, Lebensmittelgroßhändler oder die die, die Knäste betreiben. Auch in Deutschland gibt es eine fortschreitende Privatisierung der Gefängnisse. So gibt es heute in Hessen, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt teilprivatisierte Gefängnisse. Viele Firmen verdienen dabei mit. So zum Beispiel der Anbieter für Telefontechnik in vielen Knästen Telio mit horrend hohen Preisen oder der Essenlieferer Massak der viele der Knäste in Deutschland beliefert. Auch viele Firmen lassen ihre Ware von Gefangenen produzieren , BMW, Daimler oder in Schleswig-Holstein die Abfallwirtschaft Rendsburg-Eckernförde, der Hersteller für mobile Trennwandsysteme Becker in Neumünster oder der Hersteller von Installationsmaterial Wiska in Kaltenkirchen.
Gefängnisse waren schon immer ein Machtinstrument der herrschenden Klasse um Menschen die sich nicht der Machtverhältnissen fügen zu bestrafen und wegzusperren. Die ersten modernen Gefängnisse wie wir sie heute kennen sind während der Industrialisierung im aufkommenden Kapitalismus entstanden mit dem Ziel die Produktionsweise von Ausgebeutete und Ausbeutenden zu sichern. Wer sich organisiert hat, für bessere Arbeitsbedingungen gekämpft hat, aufgrund von Mangel an lebensnotwendigen Dingen klauen oder betrügen musste und somit die herrschende Ordnung direkt oder indirekt in Frage gestellt hat wurde weggesperrt. Solange es Kapitalismus gibt wird es auch Gefängnisse geben. Der Kampf für ein leben frei von Ausbeutung muss auch immer Hand in Hand gehen mit dem Kampf für die Freiheit von allen Menschen.
In Knäste werden gesellschaftlichen Problemstellungen weggesperrt ohne Lösungen für die Probleme zu finden. Wie gehen wir in der Gesellschaft mit Diebstahl, Vergewaltigung, Mord, Drogenkonsum, Armut oder Körperverletzung um? Gesellschaftliche Probleme müssen von dieser selbst gelöst werden. Das wird nicht passieren wenn wir Menschen hinter Mauern einsperren und dann so tun als wäre das die Lösung. Welche Zusammenhänge gibt es zwischen Männlichkeit und Gewalt? Wie können wir dafür sorgen, dass alle Menschen genug zum Leben haben? Wie sorgen wir dafür, dass sich alle Menschen sicher fühlen ohne staatlichen Repressionsapparat? Wie gehen wir mit Konflikten um? Menschen wegzusperren und so zu tun als wenn wir als Gesellschaft damit nichts zu tun hätten ist der falsche Weg.
Die Lösung muss in der Bekämpfung der Ursachen liegen. Der Kapitalismus, der Staat und jede Form von Herrschaft müssen überwunden werden. Immer wenn Menschen Herrschaft innehaben muss Gewalt ausgeübt werden um die Herrschaft zu sichern. Nur ein Leben ohne Herrschaft, ohne Ausbeutung kann Freiheit für uns alle bedeutet. Dass das ein langer Weg ist muss ich euch nicht erzählen. Aber auch in einer befreiten Gesellschaft wird es weiterhin Menschen geben die andere Menschen verletzten und schaden. Ein Möglichkeit des Umgangs damit ist das Opfer und dem Täter individuell bei der Aufarbeitung zu unterstützen, als Täter zu hinterfragen wie es dazu kommen konnte, sich zu reflektieren und an sich zu arbeiten und dabei die Wünsche des Opfers zu respektieren und Lösungen zu finden. Für eine befreite und lebenswerte Gesellschaft für uns alle Lohnt es sich zu kämpfen! Passt auf einander auf. Für ein kämpferisches Jahr 2023.
Freiheit für alle Gefangenen! Für eine Gesellschaft ohne Knäste!