Gemeinsam gegen den Rechtsruck! – Redebeitrag von TKKG

Am Freitag waren wir zusammen mit der Autonomen Antifa Koordination Kiel, Perspektive Solidarität Kiel, der Feministischen Antifa, und der Initiative gemeinsam Kämpfen (Instagram) und 6000 Menschen auf der Straße um dem Rechtsruck entgegenzutreten.

Die Demo führte vom Bootshafen über das Parteibüro der AFD, bei der wir einen Redebeitrag hielten zur Praxis von Henning Pless. Er ist ein seit Jahren aktiver Rechtsextremist und Heilpraktiker, der Teil des Treffens in Potsdam war bei dem sich die AFD, Werteunion und andere Rechtsextremist*innen getroffen haben um über ihre Deportationspläne zu sprechen.

Hier findet ihr unseren Redebeitrag:

Unsere Texte werden oft von mehreren Personen geschrieben. Da die Perspektiven als betroffene Personen im folgenden Text relevant sind haben wir uns entschieden dies zu makieren. A wurde aus der Perspektive eines BIPoCs geschrieben, B aus der Perspektive einer queeren, behinderten Frau.

A: Die AfD möchte also Menschen deportieren. Menschen, die ihnen nicht „arisch“ genug aussehen. Ungeachtet aller anderer Legitimationenideen der Bundesrepublik. Deutschland nur für weiße Deutsche. Blut-und-Boden-Ideoloigie vom Feinsten also. Als Klimakampfgruppe sind wir wenig überrascht. Wie alle Antifas blicken wir mit Sorge auf die rechtsradikale Partei. Viel zu lange hat man sie gewähren lassen. Viel zu oft wurden Brandmauern gezogen und aus parteipolitischen Kalkühl dann doch wieder eingerissen.

Die Bürgerlichen Parteien von CSU bis SPD und Grünen haben es versäumt ein interessantes politisches Angebot zu machen. Kaum etwas wurde unternommen um ein gutes Leben für alle herbeiführen. Stattdessen hat man Menschen gegeneinander ausgespielt. Weiße die wenig haben gegen nicht-weiße die gar nichts haben. Auch Fluchtursachen wie Kriege und Klimakrise wurden immer weiter befeuert. Und gestern erst hat der Bundestag die Abschiebegesetzte erneut verschärft.

Immer öffterst hört man außerdem offen rechte Töne aus der sogenannten Mitte. Was wieder nur den Rechtsradikalen nützt. Denn Rassist*innen wählen halt doch lieber das rassistische Original. Leidtragende sind die schwächsten unserer Gesellschaft. Mittellose denen Jens Spahn von der CDU jetzt die Sozialleistungen streichen möchte. UndcGeflüchtete, die der Bundeskanzler im großen Stil abschieben will.

Geradezu absurd ist es, dass es der AfD immer wieder gelingt sich als soziale alternative zu profilieren. Rückblick 2004: Die AfD startet als vermeintliches Projekt einer Handvoll professoraler Eliten. Hinter ihnen konnten sich Rechtsextreme wie Höcke und Gauland noch gut verstecken. Seitdem hat sie sich drei oder vier mal gehäutet. Jedes mal wurde sie noch ein wenig rechter. Das Elitäre ist geblieben. Wie vor 20 Jahren macht die AfD auch heute noch Politik gegen arme Menschen. Immer stärker geworden sind die rassistischen Positionen. Heute vereint sie das Übel aus beiden Welten.

Hier zeigt sich auch wie Rassismus und Kapitalismus systematisch verbunden sind. Denn so lange es gesellschaftliche Klassen gibt, so lange wird es auch Ausbeutung und Unterdrückung geben. Da wundert es nicht, wenn die Partei reiche weiße Männer für ihre Ideen begeistern kann. Gleichzeitig sollten wir Kapitalismus und Rassismus auch jeweils für sich betrachten können. Eine Überwindung der Klassenunterschiede wird den Rassismus nicht automatisch mit überwinden. Es gilt daher beides gleichermaßen zu bekämpfen.

Mit rassistischen und klassistischen Parolen wird die AfD wohl auch in die Europa- und Landtagswahlen 2024 starten. Im Gepäck ihre Playlist mit den schlechtesten Songs der 30er und 40er. Umfragen bescheinigen ihr trotzdem hohe Zuwachsraten.


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B: Nach dem Treffen der AfD, der Werte Union und anderen Neo-Nazis wie bspw. der Identitären Bewegung sind wir zu vielen hier und in anderen Städten Deutschlands in der letzten Woche auf die Straße gegangen, um uns mit Menschen, die nicht in das Weltbild rechtsextremer Ideologien wie der der AfD passen, zu solidarisieren. Um für ein AfD-Verbot auf die Straße zu gehen.

Doch warum gerade jetzt? Warum nicht schon viel früher? Das die AfD engen Kontakt zu anderen rechtsextremen Gruppen und Neo-Nazis hat und selbst welche in den eigenen Reihen vorweisen kann, ist nicht erst seit letzter Woche bekannt. Wenn ich allerdings darauf zurückblicke, wie viele Menschen sonst gegen die AfD und andere rechtsextreme Gruppen und Einzelpersonen auf die Straße gehen, wird schnell klar, dass bisher zu wenig unternommen wurde. Viel früher hätte schon gehandelt werden müssen. Und zwar nicht nur auf der Straße, sondern auch im eigenen privaten Umfeld. Antifaschismus muss Praxis werden! Es reicht nicht aus, zweimal im Jahr auf eine Demo zu gehen für ein gutes Gefühl.

Ich selbst bin eine schwerbehinderte und queere Frau, die damit nicht in das Weltbild der AfD passt. Und habe Angst. Ich habe Angst, dass mir in Zukunft noch mehr meine Existenzberechtigung abgesprochen wird. Für die AfD gehören nicht nur vermeintliche Geflüchtete und Ausländer nicht zu Deutschland, sondern all die, die nicht in die Definition eines vermeintlich reinen und gesunden deutschen Volkes passen. Dabei wird deutlich, dass die AfD Menschen bestimmte konstruierte Zugehörigkeiten zuweist. Die AfD möchte Menschen abschieben, die für sie nicht hierher gehören.

Die rechtsextreme Ideologie, die dahinter steht, sieht vor, dass vermeintlich nicht deutsche sowie schwache Menschen, also vermeintlich unwertes Leben, nicht zu Deutschland gehöre.

Die AfD hat in der Vergangenheit mehrfach deutlich gemacht, dass Inklusion als nicht sinnvoll erachtet wird und unter anderem 2018 im Bundestag Anfragen gestellt, die darauf abzielen, Verbindung zwischen Schwerbehinderungen, Migration und Inzest herzustellen.

Wenn es nach der AfD ginge, würde ich gar nicht existieren. Denn meine Behinderung habe ich geerbt. Wer will schon behindertes Leben in die Welt setzten? Vermeintlich schwach, nicht leistungsstark und unnötig teuer.

Die Ansicht, dass behinderte Menschen nicht die Regelschulen besuchen und keine Kinder bekommen sollen, kommt nicht nur von rechts außen, sondern auch aus der Mitte der Gesellschaft.

Behindertenfeindlichkeit kommt sogar in linken Kontexten vor, wenn damit gedroht wird, bspw. Nazis behindert zu schlagen oder rechtsextreme Menschen als krank oder dumm bezeichnet werden.

Behindertenfeindlichkeit und Rassismus sind tief in unserer Gesellschaft verankert. Umso wichtiger ist es, sich bewusst zu machen, wie anschlussfähig die AfD war, ist und sein wird. inwiefern wir selbst dazu beitragen und deren Ideologie zu Teilen selbst reproduzieren.

B: Wir jedoch sind verhalten optimistisch. So wie das Pendel gerade nach rechts ausschlägt, so kann es auch wieder zurück schwingen. In Polen z.B. hat die als unbesiegbar geltende, rechte Pis-Partei letztes Jahr die Wahlen verloren. Auch die Demos der letzten Tage stimmen uns positiv. In vielen Städten sind Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Gegen Rassismus und für eine offene Gesellschaft. Leider waren auch diese Demos wieder sehr weiß. Bemühen wir uns also darum Menschen, die von Rassismus betroffen sind besser einzubinden. Hören wir ihnen zu. Machen wir Aktivismus mit und nicht für sie. Und reflektieren wir unseren eigenen Rassismus. Auch linke Kreise sind für BIPoCs immer noch viel zu selten ein Saferspace.

Arbeiten wir auch daran, dass der Druck auf rechte Akteur*innen weiter so hoch bleibt. Straßen können blockiert, Plakate entfernt und Stände gestört werden. Sorgen wir dafür, dass die kommenden Wahlen für Nazis kein Grund zum feiern werden.