Am 20.08. gab es ein nettes kleines Grillen von leckeren Gerichten und nebenbei wurde auch noch ein bisschen Musik aufgelegt. Das hatte einen besonderen Anlass. Denn eigentlich wäre der Beginn eines Gerichtsprozesses beim Amtsgericht Kiel gewesen. Grund für den Prozess war der Vorwurf, dass die angeklagte Person im Januar 2024 Hausfriedensbruch während der Räumung von der Waldbesetzung Tümpeltown begangen haben soll. Um zu verstehen, was da passiert ist, springen wir mal zurück – und zwar genau zum 30.09.2022. Hier besetzte Ende Gelände Hannover einen Teil der Leinemasch und daraus entstand die Waldbesetzung Tümpeltown. Grund dafür war, dass die Stadt Hannover einen Teil des Waldes roden wollte, um den Südschnellweg ausbauen zu können. Der Bau soll 2034 fertig sein und die Kosten betragen mehrere Millionen Euro. In Zeiten der Klimakrise sollte dieses Geld doch viel eher in eine sozial gerechte Verkehrswende investiert werden anstatt in den Ausbau von Schnellstraßen oder Autobahnen. Denn das Problem sind nicht zu wenig Straßen, sondern einfach zu viele Autos. In den meisten Autos fährt tatsächlich meist nur eine Person. Als Vergleich: Ein durchschnittliches Auto hat eine Fläche von 12,5 m² für zumeist eben nur eine Person. Ein Bus hat im Gegensatz dazu eine Fläche von 30 bis 45 m² und es können um die 100 Menschen mitfahren. Würden Bund und Länder also aufhören, fast ausschließlich Geld für Straßenbau zu investieren und damit anfangen, eine Verkehrswende einzuleiten, die diesen Namen auch verdient, wäre das nicht nur nachhaltig und sozialgerecht, sondern würde auch das Problem von zu vielen Unfällen und überfüllten Straßen lösen.

Stattdessen hat die Stadt Hannover in der Rodungssaison 2022/23 nur einen Teil der eigentlich geplanten Fläche gerodet. Da die Stadt aber unbedingt den Südschnellweg ausbauen will und dafür noch 16 Hektar roden will, führt kein Weg für sie daran vorbei. Um darauf aufmerksam zu machen ist die Klimagerechtigkeitsbewegung mit ca. 6000 menschen am 01.10.24 also dem Beginn der Rodungssaison auf die Straße gegangen.
Parallel dazu hat Ende Gelände die Baustelle des Südschnellwegs besetzt und konnte damit die Baustelle für einen ganzen Tag lahm legen. Im Laufe der Rodungssaisson haben sich dann immer weiter die Anzeichen verdichtet, dass die Stadt es ernst meint und dass sie umsetzen werden, was sie letztes Jahr nicht hinbekommen haben.
So begang dann am 15.01.24 die Räumung des Protescamps. Hier zeigte sich wieder mal, dass die Stadt als einziges Mittel mal wieder die repressive Polizei gegen die Besetzer*innen schickte, die mit viel Brutalität das Protestcamp räumte, anstatt das zugrundeliegende Problem zu lösen und den Ausbau des Südschnellwegs zu stoppen. Die Aktivistis haben es trotz der Gewalt von der Polizei geschafft, die Besetzung für 3 Tage zu halten. Bei der Räumung wurden die Aktivistis festgenommen und auf die Gesa (Gefangenen-Sammelstelle) des Polizeipräsidiums Hannover zur ED-Behandlung gebracht. Manche Aktivistis wurden laut der Polizei im Nachgang identifiziert und hatten dann ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch.

Beim Strafverfahren blieb es aber nicht. So kam es im Juni 2024 in Hannover sogar zu einer Hausdurchsuchung, wobei technische Geräte beschlagnahmt wurden. Das Landgericht Hannover hat die Hausdurchsuchung später als rechtswidrig eingestuft, da kein Hausfriedensbruch begangen wurde, weil der Bereich nicht vollständig umzäunt war und das Hausrecht nicht ordnungsgemäß verkündet wurde, weshalb die Geräte wieder zurückgegeben werden mussten. Zudem haben die Aktivistis noch ein sogenanntes ED-Behandlungsverfahren bekommen. Dies sah die Abnahme von Finger/Handabrücken, Notieren von Körpermerkmalen wie Tattoos, Narben, Größe, Gewicht und Aufnahme von Lichtbildern vor. Dies begründete die Polizei Hannover mit absurden Argumenten, wie dass bei der Tat ein hohes Maß an Planungs- und Tatvorbereitung zu erkennen sei. Von wem diese Info gekommen sein soll, ist für uns sehr fragwürdig. Teils wurde auch begründet, dass sich aus dem Verhalten Rückschlüsse auf das Vorhandensein einer gewissen „kriminellen Energie“ ziehen ließe oder das die beschuldigten Personen Idelogien vertreten würden, die gegen jegliches staatliches Handeln seien.
Wenn das staatliche Handeln unsere Umwelt und unsere Zukunft zerstört, was sollen wir sonst sein außer lautstark dagegen? Wie können wir – solange diese Zerstörung legal ist – selbst aktiv werden außer mit einer Menge „krimineller Energie“? Zum Teil hieß es auch, dass Anhänger solch einer Ideologie auch in Zukunft Straftaten und Normverstöße begehen werden und dass eine Verurteilung sie nicht mal abschrecken könne, weiter Straftaten zu begehen.

Da sind die was ganz Heißem auf der Spur, und zwar dass Repression keine Lösung des Problems ist, sondern nur dazu da ist, Menschen zu erniedrigen und Menschen für eine gewisse Zeit aus der Gesellschaft auszuschließen, damit ihr Widerstand gebrochen wird. Oder wieso ziehen sie sonst die Sache so groß auf, obwohl sie schon vorher wissen, dass es eigentlich gar nichts bringt?

Nach einer kurzen Zeit wurden das Verfahren um die ED-Behandlung fallen gelassen und nach über einem Jahr auch die Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch. Es zeigt mal wieder, dass Repressionen nur dafür da sind, um einzuschüchtern. Sich dagegen zu wehren, keine Aussage zu machen und auf keine Angebote der Staatsanwaltschaft einzugehen lohnt sich. Und deshalb konnten wir anstatt im Gerichtsaal Spaß zu haben die Zeit besser nutzen und eine schöne Zeit bei einer tollen Grillparty haben. Schade nur, dass wir unsere lustigen Anträge jetzt nicht stellen konnten, aber keine Panik liebe Staatsanwaltschaft und Amtsgericht Kiel: Da wir viel kriminelle Energie besitzen und da wir auch Ideologien vertreten, die laut euch dazu führen, dass wir in Zukunft weiter Straftaten (oder was ihr eben so dafür haltet) begehen werden für die Erreichung unser klimapolitischen Ziele, werden wir die eines Tages sicher noch nutzen können. Und das Beste ist, jetzt haben wir sie schonmal fertig und müssen die nicht erst noch schreiben.

Was lernen wir aus der ganzen Geschichte? Klimaschutz bleibt Handarbeit und muss selbst gemacht werden, denn nur so konnte das Waldstück ein Jahr länger bleiben. Außerdem sollten wir uns nicht von Repression einschüchtern lassen und weiterhin aktiv bleiben.