Take back the night – take back the KiWo!

Samstag waren wieder einmal einige Menschen abends unterwegs, um lautstark dem sexistischen und patriarchalen Alltag queere und feministische Solidarität entgegenzuhalten. Dieses mal fand die Demo in unmittelbarer Nähe zur Kieler Woche, einem riesigen Volksfest statt. Immer wieder kam es im Verlaufe der Demo zu sexistischen Pöbeleien, was die Notwendigkeit queerfeministischer Demos unterstreicht.



Im folgenden findet ihr unseren Redebeitrag. Uns ist bewußt, dass manche Begriffe, die wir in diesem Kontext nutzen, nicht unproblematisch sind. Die Schreiber*innen haben ihr bestes gegeben, Dinge konkret zu benennen, andere Leute aus unserer Gruppe hätten manche Dinge anders formuliert. In der Diskussion um den Text sind kleinere Änderungen (im Vergleich zum Text, der auf der Demo gehalten wurde) vorgenommen worden, andere Uneinigkeiten und Unsicherheiten bleiben bestehen. Wenn ihr Gedanken dazu habt, dann schreibt sie uns gerne!

Vorab eine Triggerwarnung da es im folgendem Text um sexuelle Belästigung, übergriffiges Verhalten und Vergewaltigungen geht.

Von Kiel in die Welt
Wasser und Land – Bühne und Regattabahn: das ist die Kieler Woche. Wohl eher Sexismus und Rassismus, Umwelt- und Wasserverschmutzung. Sie soll eine gemeinsame Entdeckungs­reise mit einzig­artigen Begeg­nungen und Überraschungen sein. Das einzige was ich entdecke sind unangenehme Begegnungen und übergriffiges Verhalten. Lass Dich treiben und erlebe Deinen ganz persönlichen Kieler-Woche-Moment! Von wegen! Lass uns laut werden und uns als Flinta*-Personen die Kieler Straßen zurück holen.
Von Kiel in die Welt take back the night!

Jedes Jahr aufs neue findet die Kieler Woche statt und jedes mal aufs neue erzählt mir eine Freundin von übergriffigem Verhalten das sie erleben musste, und das nach dem ersten Tag! Es beginnt mit Blicken, dem schamlosen Angaffen und dem dadurch ausgelösten unangenehmen Gefühl. Häufig geht dies von Cis-Männer aus.

Also Menschen, denen bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde und die sich dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlen. Kurz gesagt die die am wenigsten vom Patriachat gefickt werden. Dabei ist es nahezu unmöglich, den Blicken von diesen aus dem weg zu gehen, denn nicht nur die Kiellinie und die anderen Bereiche sind überfüllt, sondern große Teile der Stadt. Hierbei sind es vorallem essenzielle Orte, wie der Hauptbahnhof, die für viele Kieler*innen unausweichlich sind. Der Hauptbahnhof ist zur Kieler Woche extrem überfüllt, überfüllt von betrunkenen Menschen. Vorallem Flinta*-Personen müssen damit rechnen, dass der Hauptbahnhof kein sicherer Ort für sie ist und das Risiko einer Belästigung oder übergriffigem Verhalten besteht. Es wird offen auf den Hauptstraßen vorgetrunken, sodass selbst alltägliche Erledigungen und Einkäufe zum Horrortrip werden.


Das sonst schon so unangenehme Verhalten von Cis-Männern wird durch den hohen Alkoholkonsum während der Kieler Woche nochmals verstärkt. Jegliche Hemmungen fallen weg. Männer kennen die eigenen Grenzen nicht und missachten die von anderen. Es findet ein unnötiger Konkurrenzkampf statt, der in Besaufen und Catcalling ausartet. Doch viel zu häufig bleibt es nicht bei unschönem Hinterherrufen sonder führt zu körperlichen Übergriffigkeiten. Besonders im Bus und in den großen Menschenmassen kommt es zu ungewollte Körperkontakt, der teilweise von der männlichen Seite gewollt verursacht wird.


Die Busse sind überfüllt. Menschen müssen eng aneinander stehen, damit alle reinpassen. Die Fahrten sind unangenehm, da eine gezwungene Nähe zu Fremden hergestellt werden muss. Die Menschengruppe an der Kiellinie und in der Stadt bewegen sich nur langsam voran, sodass Tätern diese Möglichkeit ausnutzen um Flinta*-Personen unter den Rock zu fassen und ungefragten Körperkontakt herstellen. Dabei sind sie durch die große Anzahl an Menschen geschützt und ein Identifizieren ist unmöglich, da die Menschenmassen entgegengesetzt weiterziehen. An den Bierständen und dem Bayernzelt sammeln sich eher konservative Cis-Männer.

Der Aufenthalt als Flinta*-Person wird durch sexistische Kommentare, Angrabschen bis hin zur Vergewaltigungen zum Albtraum.

Bei dem Ganzen wird oftmals Alkohol als Ausreden genutzt. Cis-Männer berufen sich häufig darauf, dass sie „ja nichts dafür könnten, da sie betrunken waren“.
Durch den Schutz des Alkohols, entschuldigen sie ihr Verhalten, hierbei werden Handlungen wie Catcalling und ander Formen von Belästigung kleingeredet und damit begründet, das diese ja „nur“ als Komplimente gemeint waren.
Menschen die unter Alkoholeinfluss stehen sind oftmals unzurechnungsfähiger und stellen deshalb eine noch größere Bedrohung da.
Dabei ist Alkoholkonsum keine Ausrede für übergriffiges Verhalten. Wer unter Alkoholeinfluss die Grenzen von anderen missachtet, steht in der Verantwortung und muss den eigenen Konsum für die Sicherheit anderer mindern. Dabei ist es auch entscheidend Fehlverhalten von Menschen im eigenem Umfeld anzusprechen und zu korrigieren.

Zudem haben Obdachlose während der Kieler Woche noch weniger Rückzugsorte, als sie ohnehin schon haben. Sie werden bedrängt, verscheucht und abwertend behandelt. Vorallem obdachlose Flinta*-Personen leiden unter der ständigen Bedrohung von betrunkenen Männen, die abends durch die Straßen ziehen. Sie werden oftmals von Betrunkenen verfolgt und belästigt und haben keine Möglichkeit sich an einem sicheren Ort zurück zu ziehen
Die Polizei, welche sich als Freund und Helfer dastellt ist hierbei eine noch größere Bedrohung. Durch das hoche Polizeiaufgebot kommt es zu noch mehr schikanierendem Verhalten und Verdrängung gegen über obdachlosnen Personen.

Auch für viele Flinta*-Personen ist das große Aufgebot der Polizei sehr bedrücken und eher belastend. Sie werden nicht ernst genommen und ihr Anliegen heruntergespielt und als nichtig abgetan. Hinzu kommt, dass die Polizeistrukturen von patriarchalen Normen geprägt sind, was dazu führt, dass vorallem männliche Polizisten die Übergriffe nur schwer nachvollziehen können.

Doch es gibt noch viele weitere Punke, die die Kieler Woche zu einem Ort voller unangenehmer Begegnungen und unschönen Überraschungen macht.

Die Flächen auf die die Zelte und Stände aufgebaut sind, sind zum Großteil Park- und Grünflächen, die durch die Millionen Besucherinnen platt getreten und beschädigt werden. Zudem verursachen die hunderten Konzerte, die Feuerwerke und die große Anzahl an Besucherinnen einen hohe Lautstärke. Davon werden nicht nur Kieler*innen gestört, sondern fürhrt bei Tieren zu Aufruhr. Insbesondere Feuerwerke haben bei Vögeln aufgrund der hellen und lauten Explosionen, die von Druckwellen begleitet werden, eine extremen Orientierungslosigkeit zur Folge.
Außerdem sind die Preise für Lebensmittel und Fahrgeschäfte in den letzten Jahren extrem gestiegen, sodass eine Ausgrenzung von einkommensärmeren Personen stattfindet. Zwar gibt es Ermäßigungen durch beispielweise den Kiel Pass, jedoch sind auch die ermäßigten Preise für einige Menschen zu hoch. Dabei ist es doch so paradox, dass ein Teil der Lebensmittel einfach weggeworfen werden, während sich einige gar nichts leisten können. Zudem entsteht eine große Menge an Müll aufgrund der vielen Einwegverpackungen. Diese gelangen leider auch in die Natur und in die Förde und werden dann von den Tieren verzehrt, die daran sterben.

Lasst uns deshalb gemeinsam auf diese Missstände aufmerksam machen, laut werden und uns als Flinta*-Personen die Kieler Straßen zurück holen.


Von Kiel in die Welt, Take back the night!

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