Antifaschistische und queere Solidarität – für Maja und für alle Queers, insbesondere dann, wenn sie von Nazis bedroht werden!

TW: Suizidalität, Selbstverletzung

Stell dir vor, du stehst morgens auf, gehst aus dem Haus und das Erste, was du mitbekommst, ist dass über dich getuschelt wird. Du spürst jene verächtliche Blicke auf jedem Zentimeter deines Körpers, jene Blicke die dir stumm zuschreien: „Du bist anders, komisch, hässlich, schlecht! Du gehörst nicht dazu!“ Stell dir vor, an manchen Tagen werden all diese getuschelten Sätze tatsächlich laut und in deine Richtung ausgesprochen, mit dem Ziel dich zu verletzen. Stell dir vor, du willst umdrehen, nach Hause gehen, dich im Bett verstecken und weinen, steigst aber stattdessen doch in den Bus, um zur Schule, zur Ausbildung, zur Arbeit zu fahren – wo das Ganze jedoch nicht aufhört, sondern im Gegenteil weitergeht, vielleicht sogar schlimmer wird, weil du gezwungen bist, mit den Menschen um dich herum zu kommunizieren. Vielleicht wäre auch nicht einmal dein Zuhause ein Zufluchtsort, weil dort ebenfalls Menschen wohnen, die dir genau dieses Gefühl geben, oder die dir sogar Gewalt antun. Deine Eltern, Geschwister, Mitbewohner*innen. Vielleicht wäre die Angst deine ständige Begleiterin, und du wüsstest nicht mehr wohin mit dir.

Solche Gedanken und Gefühle, insbesondere das Gefühl nicht gewollt oder sogar explizit ausgeschlossen zu sein, kennen wohl die allermeisten Queers, egal ob trans*, lesbisch, schwul, bi, pan, asexuell, nicht binär oder jede andere Facette auf dem Spektrum LGBTQ*. Viel zu oft wissen gerade junge Queers keinen Ausweg – und verletzen sich in ihrer Verzweiflung selbst oder versuchen sich das Leben zu nehmen. Die Suizidrate ist gerade unter trans* Jugendlichen extrem hoch. Die alltägliche Erfahrung von Ausschluss, Hass und Gewalt trägt einen großen Anteil daran.

Gerade deshalb sind sogenannte ‚Christopher Streetdays‘ oder ‚Pride‘ (deutsch ‚Stolz‘) Paraden extrem wichtig für viele Queers: Wenigstens einen Tag im Jahr mal nicht alleine sein, mit all diesen Gefühlen, einmal laut sein dürfen und sich nicht verstecken müssen, sondern genauso zeigen können, wie mensch ist

Einmal in der Mehrheit sein, zusammen mit anderen Menschen laut auf der Straße für die eigenen Rechte einstehen, tanzen und auch Spaß haben. Unbeschwert sein, sich trotzdem sicher fühlen, geschützt durch die Masse an queeren Menschen und Räume einzunehmen, die in der herrschenden Gesellschaftsordnung noch nie zugestanden und immer wieder erkämpft werden mussten. Gemeinsam sind wir stärker.


Doch genau diese Unbeschwertheit und Raumeinahme wird im Rechtsruck zunehmend zur Zielscheibe: Im vergangenen Jahr gab es immer wieder Aufmärsche mit zum Teil hunderten Neonazis, die das Ziel hatten, CSDs zu bedrohen und Queers einzuschüchtern. Im Nachgang dieser Aufmärsche kam es immer wieder auch zu Gewalt gegen CSD-Teilnehmer*innen. Und auch in diesem Jahr wächst die Bedrohung durch extrem rechte Akteurinnen: In Bad Freienwalde (Brandenburg) etwa wurde ein buntes Vielfaltsfest von Vermummten angegriffen, Organisatorinnen ins Gesicht geschlagen und verletzt. Und in Neumünster hat jetzt die Nazipartei ‚Die Heimat‘ (ehemals NPD) eine Demonstration gegen den CSD angekündigt.

Während im Rechtsruck die Bedrohung durch Nazis auf den Straßen gerade auch für queere Menschen immer größer wird, kommen auch aus dem Parlament vor allem Signale in Richtung Rückschritt. CDU-Kanzler Merz äußerte sich bereits mehrfach offen transfeindlich. Laut ihrem Grundsatzprogramm wollen CDU und CSU das gerade erst eingeführte ‚Selbstbestimmungsgesetz‘, welches das Leben von vielen transPersonen zumindest ein bisschen leichter macht, wieder abschaffen. Statt es queeren Geflüchteten zu vereinfachen bzw. in vielen Fällen überhaupt erst zu ermöglichen, in Deutschland den Schutz zu finden, den sie benötigen, fordern gerade von Grünen über SPD und FDP bis zur CDU alle mehr Abschiebungen, mehr Abschottung und Entrechtung von Geflüchteten. Von den offen getätigten rassistischen, queer- und vor allem transfeindlichen Gewaltphantasien einiger Politiker*innen der AfD, die immer mehr Stimmen erhält, ganz zu schweigen.

Während Rechte und Neonazis immer mehr an Stärke gewinnen, verfolgt und drangsaliert der Staat vor allem – Linke. Antifaschistinnen zum Beispiel, wie Maja. Maja ist eine nicht binäre, antifaschistische Person und wurde nach der Teilnahme an den antifaschistischen Protesten gegen den Naziaufmarsch zum sogenannten ‚Tag der Ehre‘ in Budapest 2023 festgenommen und zunächst in Deutschland inhaftiert. Im Juni 2024 wurde Maja – entgegen eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes – in das extrem queerfeindlich geführte Ungarn ausgeliefert und muss seitdem unter menschenunwürdigen Bedingungen jeden Tag eingesperrt, schikaniert und isoliert verbringen. Weil die Bedingungen so unerträglich sind, ist Maja vor über drei Wochen in einen Hungerstreik getreten.

All das sind mehr als genug Gründe, um als queere Person oder als Verbündete Person gegen das herrschende System auf die Straße zu gehen! Wir rufen euch also dazu auf, am 05.07.2025 mit zum CSD Neumünster zu kommen, queere Liebe, Identität und queeres Leben zu feiern und sich den Nazis von der ‚Heimat‘ entgegenzustellen. Lasst uns an diesem Tag zeigen, dass wir mehr sind, als sie glauben und dass wir uns nicht einschüchtern lassen! Außerdem wollen wir am 12.07.2025 auf dem CSD Kiel ebenfalls laut sein und in einem „Free Maja“-Block lautstark unserer Solidarität mit Maja Ausdruck verleihen.

Viele von uns sind queer. Uns ist es wichtig, dass der CSD seinen Ausdruck behält. Wir wünschen uns deshalb, dass queere Menschen im Free Maja Block in Kiel und auch beim CSD Neumünster im Vordergrund stehen. Wenn du dich der LGBTQ*-Community zugehörig fühlst, dann sei an diesem Tag besonders laut und stehe gerne an Orten, wo du dich besonders sichtbar fühlst. Wenn du nicht queer bist, dann sei gerne als Verbündete*r gegen das herrschende System dabei, als Unterstützung und Support.. Dränge dich nicht in den Vordergrund und hab im Hinterkopf, was dieser Tag für viele queere Menschen bedeutet.

Alerta Queerfeminista und Free Maja!

Sa. 05.07.25 – gemeinsame Anreise zum CSD Neumünster || 11:00 Uhr, Fahrkartenautomaten Kiel Hbf.

Sa. 12.07.25 – CSD Kiel || 12:00 Uhr, Platz der Matrosen (Sammelpunkt bei der Schienenersatzverkehrbushaltestelle an der Kaistraße)

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